Musikfans, die am heimischen PC die neuesten Hits auf CD brennen, könnten bald eine böse Überraschung erleben: Ihnen drohen Schadenersatzklagen, wenn – voraussichtlich bis September – die vom Bundestag beschlossene Novelle des neuen Urheberrechtsgesetzes (UrhG) in Kraft tritt. Bisher war nur die Weiterverbreitung von kopierten Musikstücken und Filmen über den privaten Gebrauch hinaus strafbar. Der neue UrhG-Paragraf 95a verbietet aber auch die – in den meisten Fällen notwendige – Umgehung des Kopierschutzes.
Die Musik- und Filmindustrie ist fest entschlossen, zur Bekämpfung von Tauschbörsen und anderen Formen des digitalen Nulltarif-Systems alle Rechtswege auszunutzen. Wer sich nicht an die Neuregelung hält, dem drohen Geldbußen oder bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe. Dies betrifft zunächst vor allem professionelle Raubkopierer, die schon nach derzeit geltendem Recht illegal Geld scheffeln. Beim rein privaten Brennen für den Eigengebrauch oder die Freundin bleibt das Knacken des Kopierschutzes zwar straffrei, ist aber künftig rechtwidrig. Will heißen: Der Staatsanwalt wird hier nicht aktiv, doch dürften die Inhaber der Urheberrechte gute Chancen haben, auf zivilrechtlichem Wege ihre Ansprüche auf Schadensersatz einzuklagen. Mit derartigen Prozessen ist durchaus zu rechnen: Mit Blick auf die sinkenden Umsätze am Tonträgermarkt werden sich die Rechteinhaber in Deutschland wohl nicht mehr darauf beschränken, wie bisher nur professionelle Raubkopierer zu verfolgen. Mit dem neuen Urheberrechtsgesetz nach den Vorgaben der EU-Kommission bekommen sie hierzulande ein ähnliches Gesetzeswerk an die Hand wie den Digital Millenium Copyright Act (DMCA), der Rechteinhaber in den USA vor digitalen Kopien und dem Knacken von Kopierschutz-Mechanismen schützt.
Vor allem beim Tausch von Copyright-geschützten Musik- oder Filmdateien im Internet ist künftig Vorsicht angebracht: In der Regel geben Tauschbörsen herunter geladene Teile von Dateien sofort zum Tausch für andere Teilnehmer frei, so dass aus dem vermeintlichen Nur-Konsumenten fast automatisch ein illegaler Anbieter urheberrechtsgeschützten Materials wird. Selbst wenn sich dieser Automatismus abstellen ließe, reicht der lange Arm des Gesetzes bald bis auf die Festplatte. Privatkopien auf dem heimischen Rechner oder auf CD und DVD sind nämlich künftig nur dann straffrei, wenn sie aus legalen Quellen stammen, wenn also der Tauschpartner ein Recht zur Verbreitung der Datei besitzt. Und das dürfte bei der überwältigen Mehrzahl der weltweit verfügbaren Tauschbörsen-Dateien nicht der Fall sein.
Auch für Besitzer kleiner mobiler Abspielgeräte, die die Musik digital im „.mp3“-Format speichern, wird es eng. Denn nur dann, wenn sie freien Zugriff auf eine CD haben, können sie die Musikstücke am Computer in das mp3-Format wandeln und auf das Abspielgerät übertragen. Genau das verhindern jedoch die Kopierschutzmechanismen, deren Umgehung illegal wird.
Damit nicht genug, wird das Schwarzbrennen auch technisch schwieriger. Denn durch das „Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft“ sind auch Herstellung, Verbreitung und Verkauf von Programmen, die kopiergeschützte Silberscheiben knacken und kopieren, künftig verboten. Doch auch das neue Gesetz hat Lücken, die die Computerszene längst entdeckt hat. So lässt sich eine kopiergeschützte CD oder DVD häufig auch ohne Umgehung der Schutzmechanismen auf dem Rechner wiedergeben. Dann schneiden Programme wie Waverecorder oder Hypercam den Datenstrom einfach mit und speichern ihn auf der Festplatte. Von dort lässt sich der Inhalt wie bisher auf einen Rohling brennen.
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