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Verteidigung blockiert erneut Infomatec-Prozess

Mit neuen Anträgen hat die Verteidigung den Prozess gegen die Manager des einstigen Börsenstars Infomatec auch im zweiten Anlauf ins Stocken gebracht und eine Teileinstellung des Verfahrens gefordert. Die Anwälte der Ex-Firmenchefs Gerhard Harlos und Alexander Häfele verlangten am Montag zu Beginn des neuen Prozesses vor dem Landgericht Augsburg, die zentralen Anklagepunkte Kursmanipulation und Kapitalanlagebetruges wegen Verjährung einzustellen.

Die Strafkammer vertagte sich darauf. Das Softwarehaus habe auch keine Phantasieprodukte vermarktet, wies der Verteidiger Panos Pananis die Vorwürfe der Anklage zurück, die Manager hätten mit fingierten Meldungen über Großaufträge den Aktienkurs nach oben getrieben und sich durch Insiderhandel bereichert.

Beide haben nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft durch Kursmanipulationen jeweils gut 15 Millionen Euro verdient und einen Gesamtschaden von 250 Millionen Euro angerichtet.

Der Prozess ist das dritte große Verfahren gegen frühere Manager des Neuen Marktes, der nach zahlreichen Skandalen aufgelöst wurde. Bislang wurden Ex-Comroad-Chef Bodo Schnabel und die beiden Haffa-Brüder als ehemalige EM.TV-Vorstände wegen Kursdelikten oder verwandter Vergehen verurteilt. Der Ausgang des Infomatec-Prozesses wird mit Spannung erwartet, weil viele Kleinanleger mit der einstigen Lieblingsaktie hohe Verluste erlitten und Klage eingereicht haben. Die Infomatec-Aktie war einst 290 Euro wert und notierte am Montag bei nur noch 0,13 Euro.

VERTEIDIGUNG: MANAGER VERLOR SELBST VERMÖGEN

Die Infomatec-Chefs waren die ersten Manager des einstigen Wachtsumssegments, die verhaftet wurden und monatelang in Untersuchungshaft saßen. Ihr langerwarteter Prozess hatte schon im April begonnen. Die Verteidigung überzog das Gericht jedoch mit Anträgen und erreichte eine Neuauflage des Prozesses aus formalen Gründen, weil die Gerichtsakten nach ihrer Auffassung zahlreiche Unterlagen nicht enthielten.

Die Anwälte wiesen die Vorwürfe zurück, die Manager hätten sich mit Insiderhandel bereichert. „Heute hat der Angeklagte nahezu das gesamte Vermögen verloren“, sagte Harlos‘ Berliner Anwalt Pananis. Infomatec habe für namhafte Firmen wie BMW oder AGFA erfolgreich Projekte realisiert und keine Phantasieprodukte entwickelt, um Anleger zu täuschen. Die Vorwürfe des Kursbetrugs und Kapitalanlagebetrugs seien ebenfalls haltlos und zudem längst verjährt. Häfeles Anwälte regten zudem eine Verfahrensaussetzung an, bis der Bundesgerichtshof (BGH) über vergleichbare Fälle entschieden habe – beim BGH ist etwa noch die Revision der Haffa-Brüder anhängig. Der Vorsitzende Richter Rainer Brand zeigte sich jedoch skeptisch: „Das Verfahren wird durch Aussetzen meist nicht besser.“

Wie beim geplatzten ersten Prozess hatte die Staatsanwaltschaft zuvor den ehemaligen Firmenchefs vorgeworfen, sie hätten die Euphorie am Neuen Markt ausgenutzt, um Anleger zu täuschen und mit Insiderhandel Millionen zu verdienen. Staatsanwalt Uwe Huchel brauchte nochmals eine Stunde, um die Anklageschrift vorzulesen. Harlos und Häfele hätten den Aktienkurs auf bis zu 290 Euro mit falschen Ad-Hoc-Mitteilungen über Großaufträge und unrealistischen Umsatzprognosen hochgetrieben, um eigene Aktien zu verkaufen, sagte er. Zudem haben die Manager nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft den Wert beim Börsengang 1998 mit rund 100 Millionen Euro zu hoch angesetzt. Deswegen sei der damalige Emissionspreis von 53,00 Mark viel zu hoch gewesen.

Der Prozess wurde auf Donnerstag vertagt. Mit einem schnellen Ende ist nicht zu rechnen: Das Verfahren ist bis zum Frühjahr angesetzt.

ZDNet.de Redaktion

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