Mit einem unerwartet starken Software-Lizenzumsatz im dritten Quartal hatte Europas größter Softwarekonzern SAP die Börsianer in der vergangenen Woche mächtig beeindruckt. Um das jüngste Kursplus von mehr als zehn Prozent zu rechtfertigen, muss SAP bei der Vorlage des Quartalsberichts an diesem Donnerstag aber noch zeigen, ob sich die Umsätze auch im Ergebnis niedergeschlagen haben oder am Ende nur mit Preisnachlässen teuer erkauft wurden. Zudem will der Walldorfer Softwarekonzern am Donnerstag auch verraten, ob und wie weit er seine Gewinnerwartungen für das gesamte Jahr nach oben schraubt.
„Die höheren Lizenzerlöse dürften sich aufgrund ihrer hohen Margen positiv auf die Ertragslage im Quartal auswirken“, zeigte sich Analyst Mirko Maier von der Landesbank Baden-Württemberg zuversichtlich. Mit 430 Millionen Euro im dritten Quartal übertrafen die Umsätze mit Softwarelizenzen, die durch Service- und Wartungsleistungen dauerhafte Einnahmen nach sich ziehen, die durchschnittlichen Analysten-Schätzungen von 379 Millionen Euro deutlich. Analyst Theo Kitz vom Münchner Bankhaus Merck Finck mahnt aber zur Vorsicht: Diese Entwicklung könne nicht hochgerechnet werden, weil SAP zahlreiche Abschlüsse im dritten Quartal nachgeholt habe, die zum Stichtag für das zweite zu spät gekommen waren.
Ansonsten ließ SAP offen, wie die höheren Umsätze zu Stande gekommen sind. Die angeführten „höheren Abschlussraten vor allem in den USA“ lassen viele Interpretationen zu. Es stellt sich die Frage, ob sich die Erfolgsquote im Vertrieb erhöht hat oder die zuletzt im Volumen geschrumpften Verträge wieder größer geworden sind. Oder hat SAP auf dem größten Softwaremarkt der Welt einfach mehr Geschäft gemacht? Auf jeden Fall aber könnten die höheren Lizenzumsätze ein Signal dafür sein, dass sich die IT-Ausgaben in den USA erhöhten, erklärten die Analysten die heftigen Reaktionen nicht nur auf den Aktienkurs von SAP, sondern auch den anderer Softwareunternehmen.
Noch Ende September hatte SAP-Vorstandschef Henning Kagermann einen anhaltend hohen Preisdruck am Rande der geplanten feindlichen Übernahme von PeopleSoft durch Oracle beklagt, auch wenn die Unsicherheit über die Zukunft von Peoplesoft viele Kunden zu SAP getrieben habe. So lockte der Gouverneur von Florida, Jeb Bush, den Haushaltsausschuss des US-Bundesstaats mit einem Rabatt von 19 Prozent, den SAP für einen Vertragsabschluss vor dem 30. September versprochen habe. Die Analysten gehen jedoch nicht davon aus, dass sich SAP die Umsätze mit größeren Preisnachlässen erkauft habe. Und wenn, könne SAP sich das leisten.
„Weitere Effizienzverbesserungen haben nach unserer Ansicht die operative Marge weiter nach oben getrieben“, schreibt Theo Kitz in einer Studie. Der Konzern werde seine Gewinnschätzung von operativ 3,45 bis 3,60 Euro je Aktie für das Gesamtjahr 2003 wohl leicht anheben. SAP hatte vor einem Jahr das erste große Sparprogramm seiner gut 30-jährigen Geschichte aufgelegt.
Die 28 von Reuters befragten Analysten rechnen trotz niedrigerer Umsatzschätzungen für das dritte Quartal mit einem Zuwachs des bereinigten operativen Gewinns um vier Prozent auf 330 Millionen Euro. Und das vierte Quartal könnte Analysten zufolge noch besser werden. Viele Kunden hätten erklärt, Investitionen in Software auf das bei SAP ohnehin starke Schlussquartal verschoben zu haben, berichtete die US-Investmentbank J.P. Morgan nach einer Umfrage unter 100 SAP-Kunden Anfang Oktober. „Die Saisonalität hat sich erhöht. Das vierte Quartal sieht besser aus „, zogen die US-Banker daraus als Fazit.
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