ZDNet: Wie weit sind Sie auf Ihrem Weg fortgeschritten, Ihre interne IT von Unix/RISC auf Linux/Intel zu portieren?
Dargo: Wir haben bei Oracle gerade vier große GRID-Systeme komplett auf Linux/Intel transferiert. Was unsere IT-Infrastruktur betrifft: Wir haben unsere Middle-Tier-Servers zu 100 Prozent portiert, unsere Backend-Database-Servers werden gerade übergeführt, genau wie unsere gesamte IT-Organisation – etwa 60 Prozent aller Server laufen nun auf Linux/Intel. Vor eineinhalb Jahren waren wir noch zu 100 Prozent ein Unix/RISC-Unternehmen. Unser Application-Demo-Environment mit rund 250 Servern war das erste System, das umgestellt wurde. Das war wie gesagt vor rund eineinhalb Jahren. Unsere 200 bis 250 Education-Server, auf denen unsere Oracle University läuft, sind anschließend umgezogen. Unser Outsourcing- beziehungsweise Hosting-Geschäft ist seit Mai 2002 im Begriff auf Linux/Intel zu wandern. Das betrifft rund 150 Kunden und etwa 250 Server. Die Applikationen unserer Neukunden werden natürlich sofort auf Linux gehostet. Als bislang letztes System sind unsere 500 Application Developer am 6. Oktober transferiert worden. Das haben wir an einem Wochenende durchgeführt. Die Entwickler haben Ihren Unix/RISC-Arbeitsplatz am Freitag verlassen und am Montag an einem Linux-Unix-Arbeitsbereich weitergemacht.
Und das hat reibungslos funktioniert?
Dargo: Ja, absolut! Das war ohne Zweifel der couragierteste Schritt, den wir unternommen haben. Aber er war erfolgreich. Zufällig ist mein Nachbar bei mir zuhause der für diesen Schritt verantwortliche Manager. Wir saßen nächtelang zusammen und er war ziemlich aufgeregt, ob auch alles klappen würde.
ZDNet: Was werden Sie als nächstes in Angriff nehmen?
Dargo: Als nächstes muss die Datenbank-Entwicklung umziehen. Das wird noch dieses Jahr der Fall sein, wenn wir den nächsten Release von 10g veröffentlicht haben. Das sind wieder 5000 bis 6000 Entwickler, die es umzuziehen gilt.
ZDNet: Hört sich nach jeder Menge Arbeit an.
Dargo: Ja klar, aber es hat sich technisch bislang als leichter erwiesen als ursprünglich erwartet. Ich finde es viel mehr überraschend, dass wir überhaupt umziehen. Vor eineinhalb Jahren hätte es niemand für möglich gehalten, dass Oracle sich komplett in eine Linux/Intel-Company verwandelt. Aber es haben sich so viele Leute innerhalb der Firma dieser Idee verschrieben, dass die Transformation vergleichsweise einfach von statten ging.
ZDNet: Sie sprechen von der Entscheidung zugunsten Linux vor eineinhalb Jahren. Gleichzeitig habe ich aber gelesen, dass Sie Oracle als Pionier der Open Source-Bewegung bezeichnet haben. Ein wenig spät für einen Pionier, finden Sie nicht auch?
Dargo: Nein, man kann von Oracle durchaus als Pionier sprechen. Wenigstens wenn es darum geht, Linux für den Business-Einsatz fit zu machen. Was Linux vor allem auszeichnet, ist meiner Meinung nach weniger die Offenlegung des Quellcodes, sondern sein erfolgreiches Software-Management-Netzwerk. Das ist es, was Linus Torvalds und seine Mitstreiter in den 90er Jahren aufgebaut haben, mit all den Leuten, die Wissen und Code beisteuerten. Es hat sich eine ganz eigene Kultur ausgebildet, in der groß angelegte Softwareprojekte verwirklicht werden können. Das war natürlich ebenfalls eine großartige Pionier-Leistung.
Oracle ist ein Pionier, weil wir diese Technik an andere Firmen weitergeben um es praktisch anzuwenden. Es geht also nicht mehr um das Experimentieren per se oder um Software als Hobby – sondern um den erfolgreichen Unternehmenseinsatz. Aber Oracle ist auch noch in einer anderen Beziehung ein Linux-Pionier: Wir sind wohl das größte Unternehmen, ganz sicher aber das größte Technologie-Unternehmen, das sich zu 100 Prozent Linux/Intel verschrieben hat. Wir haben 40.000 Mitarbeiter, unser Umsatz bewegt sich bei zehn Milliarden Dollar – es gibt wohl keine andere Firma dieses Ausmaßes, die so aggressiv die hauseigene IT-Infrastruktur in Richtung Linux umbaut.
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