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Quo vadis, Open Source?

Gary Hein ist der Burton Group-Spezialist für den Linux-Markt. Ende Oktober veröffentlichte Hein die Analyse „Open Source Software: Risks and Rewards“. Darin nimmt er die Strategie der dominanten Linux-Player unter die Lupe und gibt Empfehlungen für umstiegswillige Unternehmen.

ZDNet: Nach mehreren tumultartigen Jahren haben sich mittlerweile zwei große Anbieter von Open Source-Software herauskristallisiert: Red Hat und Suse. Wie wird sich der Markt und speziell diese beiden Unternehmen weiterentwickeln?

Ich finde es ermutigend, dass ein so starker Wettbewerb im Linux Server- und Desktop-Markt herrscht. Red Hat und Suse sind klar die dominierenden Mitspieler in diesem Feld, wobei Red Hat den amerikanischen Markt beherrscht, während Suse in Europa sehr stark ist. Conectiva und Red Flag spielen zudem eine große Rolle in Südamerika und China.
Sowohl Red Hat als auch Suse werden langfristig als Distributoren bestehen bleiben.

Ich kann keine großen Rivalitäten zwischen den beiden ausmachen, da sie beide überaus eifrig Linux (als Konzept) an Unternehmen vertreiben und proprietäre Unix-Server auf Linux plus Intel-Maschinen migrieren. Der Markt ist groß genug für beide, also müssen sie nicht gegeneinander antreten – zumindest im Moment. Es könnte nämlich sein, dass sich diese beiden Anbieter die Marktanteile streitig machen müssen, um weiter wachsen zu können. Das Rennen um die Marktanteile entscheidet aber keines der beiden Unternehmen durch eigene Kräfte. Die Entscheidung obliegt vielmehr bei anderen großen Anbietern von Soft- und Hardware wie IBM, HP, Oracle oder auch Novell. Es kommt darauf an, inwieweit diese Player Suse oder Red Hat akzeptieren, unterstützen oder gar kaufen. Vergangene Woche machte ja das Gerücht die Runde, Novell wolle Suse übernehmen. Aber was auch immer passiert: Ich glaube nicht, dass einer der beiden Anbieter künftig den Markt dominieren wird, ähnlich wie Microsoft den Server- und Desktop-Markt beherrscht(e). Es gibt zu viel Wettbewerb, zu wenig Bindung an proprietäre Technologien und ein Überangebot an Alternativen. Für Anwender ist das natürlich eine großartige Sache.

Die größte Herausforderung für Suse und Red Hat stellt Open Source-Software dar. Ich denke es wäre ein Fehler, die beiden Firmen als reine Software-Häuser zu betrachten, sie sind viel mehr im Service- und Support-Business tätig.

Der Suse-CEO Richard Seibt weist als ehemaliger IBM-Manager noch große Affinität zu seinem früheren Arbeitgeber auf. Hierzulande wird daher permanent gemunkelt, es lägen Übernahmepläne von Suse durch IBM in den Schubladen der beiden Führungsetagen. Wie groß schätzen Sie zum einen die Chancen dafür ein und welche Effekte hätte dies andererseits auf das Geschäft mit Linux und Open Source?

Das ist durchaus möglich, auch wenn ich nicht glaube, dass IBM vor einer Lösung des SCO-Falls zur Tat schreiten wird. IBM setzt Suse exzessiv für die Portierung seiner Mainframes der z-Series ein. Und ich habe schon von mehreren Hard- und Softwareanbietern gehört, dass sie die Zusammenarbeit mit Suse der mit Red Hat vorziehen – Red Hat wird ja gerne als das Microsoft der Szene bezeichnet. Sowohl HP als auch IBM als auch Dell sind sehr an erfolgreichen Linux-Produkten interessiert, da sie dadurch mehr ihrer Hardware und der Services verkaufen können. Zusätzlich wollen sie unter allen Umständen den Unix-Fehler vermeiden, wo jeder Anbieter sein eigenes Unix gebacken hat. Das führte bekanntlich zu Inkompatibilitäten zwischen den unterschiedlichen Unix-Betriebssystemen. In Folge kann es gut sein, dass IBM, HP und Dell auch weiterhin einen oder mehr Linux-Anbieter unterstützen werden, anstand sich mit einer einzigen Lösung einzudecken.

Nichtsdestotrotz gibt es gute Gründe, warum IBM – oder auch HP oder Dell – Suse beziehungsweise einen anderen Linux-Distributor kaufen sollte. Bislang sind weder Red Hat noch Suse sonderlich profitabel. Red Hat beispielsweise pendelt von Quartal zu Quartal zwischen Gewinn und Verlust und wieder zurück. Wenn die Linux-Distributoren nicht bald ein profitables Geschäftsmodell auskungeln, werden sie vom Markt verschwinden, wie das schon andere vorgemacht haben. Ich will beispielhaft Caldera/SCO, Turbolinux und VA Linux erwähnen. Wenn das passiert, dan ist es sehr wahrscheinlich, dass IBM, Dell, HP oder irgendjemand anders, vielleicht sogar ein unkommerzielles Konsortium, einspringt und das Überleben von Linux sicher stellt.

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ZDNet.de Redaktion

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