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China setzt auf den Pinguin: Der Kampf um Linux ist entbrannt

Microsoft hat ein gewichtiges Wort im asiatischen Markt allgemein und dem chinesischen im Besonderen mitzureden. IDC erklärte erst vor kurzem, 50 Prozent aller Server im asiatisch-pazifischen Raum würden mit Windows betrieben – ein gewaltiger Marktanteil angesichts von nur sechs Prozent Linux-Maschinen. Das Open Source-Betriebssystem weißt allerdings atemberaubende Wachstumsmargen auf, so die Marktforscher. Allgemein gilt Linux in China bereits als deutlich verbreiteter als Windows.

„Microsoft hat keine starke Stellung in China wie sie das in anderen Märkten gewohnt sind, beispielsweise in den entwickelten Märkten in Europa oder den USA. Dort muss Linux gegen die etablierte Microsoft-Markte antreten und Anwender, Entwickler und Support-Leute umerziehen. In weniger entwickelten Märkten wie China ist dies weit weniger wichtig“, erklärte Experte Gary Hein.

In China steht die Entwicklung von Bill Gates zudem unter Generalverdacht: Im August dieses Jahres verpflichtete die chinesische Regierung alle Ministerien und staatliche Behörden, nur noch in China hergestellte Software zu benutzen. Bei den nächsten Updates sei Windows und Microsoft Office für die Behörden tabu. Dies hat zur Folge, dass in den nächsten Jahren hunderttausende Office-PCs umgerüstet werden müssen.

Die Vorschrift ist Teil eines Versuchs der chinesischen Regierung, die Vormachtstellung von Microsoft auf dem Desktop-Markt zu brechen. Gao Zhigang, ein Sprecher des chinesischen Rats, kündigte an, dass die Regierung auch nur noch Hardware kaufen werde, auf der chinesische Software schon vorinstalliert sei, etwa das Bürosoftwarepaket WPS Office 2003 oder Red Flag Linux. Für andere Ausstattung brauche man künftig eine Sondergenehmigung.

Die neue Regelung ist bis mindestens 2010 gültig. China ist Mitglied der World Trade Organization (WTO). Diese prüft bis zum heutigen Tage, ob das Verbot ausländischer Software gegen die eigene Charta verstößt.

Microsoft hat zudem in diesem Jahr der chinesischen Regierung Einsicht in den Windows-Code gewährt. Wie der Konzern in Peking mitteilte, wurde eine entsprechende Vereinbarung bei einem Besuch von Firmengründer Bill Gates in der Volksrepublik getroffen. China ist nach Großbritannien und Russland das dritte Land, mit dem Microsoft eine derartige Vereinbarung unterzeichnet hat. Auch die Nato hat mit dem US-Konzern ein ähnliches Abkommen. Überhaupt übt sich Microsoft nach Kräften in der Kunst der Diplomatie, berichtete Jun Tang, Präsident von Microsoft China. Man stifte Geld für Bildungsprojekte und investiere in Joint-ventures mit lokalen Firmen. Doch viel vorzuweisen hat Tang mittlerweile nicht. „Sie (Microsoft) sind einfach zu arrogant“, erklärte Liu Bo, CEO von Red Flag. Er hatte als geschäftsführender Direktor anderthalb Jahre lang für Microsoft China gearbeitet, bevor er im Jahr 2000 zu Red Flag ging. „Microsoft denkt: ‚Wir sind die Nummer Eins. Also müsst Ihr unsere Produkte kaufen.'“

Weitere Schwachstellen Microsofts: Nach jedem neuen Computervirus, der weltweit die Runde macht, wird der Firma Untätigkeit bei der Sicherung des eigenen Systems vorgehalten. Zudem werden illegale Kopien von Windows XP zum Spottpreis von umgerechnet knapp acht Mark verhökert, berichtete die Tageszeitung „Peking Evening News“. Beides spricht nicht für einen flächendeckenden Einsatz der Software, noch dazu mit staatlichem Seegen.

„Microsoft hat die Gefahr, die von Linux ausgeht, durchaus erkannt und ist dazu übergegangen, den Preis für seine Software herunterzufahren. So hat der Konzern angesichts der Linux-Offensive gerade erst in Thailand Windows und Office preislich deutlich reduziert“, berichtete Burton-Analyst Hein. Ob der Redmonder Konzern mittels Dumping-Preisen seinen Kopf aus der chinesischen Schlinge ziehen kann bleibt also abzuwarten.

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ZDNet.de Redaktion

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