Mit millionenschweren Werbeetats versuchen die Mobilfunkbetreiber, dem Kampf um das Weihnachstgeschäft für sich zu entscheiden. Händler unterbieten sich gegenseitig mit Geizpreisen für die neuen Multimedia-Handys von Nokia, Siemens, Sony Ericsson, Motorola und Co. Da die Kunden kaum zu bewegen sind, mehr zu telefonieren, hoffen die Netzanbieter T-Mobile, Vodafone, e-plus und O2 auf klingelnde Kassen mit dem Spassfaktor: ein Schnappschuss von den ersten Gehversuchen der Enkeltochter, ein kleiner Videoclip von der Party oder Nachrichten aus aller Welt.
Zum Schock bei der ersten Rechnung kommt schon mal der Frust über technische Probleme. In der Werbung ist der Schnappschuss mit dem Handy eine spaßige Sache: Da schickt Tennis-Legende Steffi Graf ihrem Andre Agassi ein Bildchen von ihrer Begegnung mit einem Yeti. Doch dass ihr Mann so erstaunt auf das Display seines Handys starrt, liegt möglicherweise eher daran, dass er nichts erkennt, wie Henning Withöft von der Stiftung Warentest glaubt. „Die Technik ist noch nicht ausgereift.“ Körnige Bilder, Übertragungsstörungen, schlechte Bedienungsanleitungen – „das mindert das Vergnügen erheblich“, sagt Withöft nach ausgiebigen Tests.
Die Hersteller und ihre Lobby wollen das nicht auf sich sitzen lassen. Die Anfangsprobleme seien längst behoben, sagt Peter Broß, Geschäftsführer des Branchenverbandes BITKOM. Natürlich sei die Kamera im Telefon nicht mit einer normalen Digitalkamera vergleichbar. „Hier geht es eher um das schnelle Foto zwischendurch“, sagt Broß. Für die Akzeptanz der Kunden spreche, dass inzwischen mehr Kamera-Handys verkauft würden als normale Digitalkameras.
Für die Mobilfunkbetreiber ist die eingebaute Kamera angesichts des bevorstehenden Starts der neuen UMTS-Netze gleichzeitig ein erster Schritt, die Verbraucher daran zu gewöhnen, dass mit dem Handy mehr möglich ist als nur Telefonieren. Der multimediale Weg ist jedoch teilweise steinig, sagt Withöft. Die Stiftung Warentest war bisher mit den Fotofunktionen wenig zufrieden. Bei unterschiedlichen Modellen bei Sender und Empfänger könne es passieren, dass der Fotoausschnitt verschoben ist oder der Ton fehlt, sagt Withöft. „Bei einigen Versuchen war beim Empfänger nicht zu erkennen, ob Männlein oder Weiblein fotografiert wurde.“
Teuer ist der Spaß zudem, warnt der Verbraucherschützer. Abgerechnet wird in Datenmenge: Zwischen 39 Cent und 1,29 Euro kostet der Fotoversand innerhalb Deutschlands. Aus dem Ausland wird es etwa bei T-Mobile mit bis zu 3,59 Euro pro Nachricht noch kostspieliger. Doch welcher Kunde weiß schon, wie groß das Bild ist, das er versendet, oder die Internet-Seite, die er aufruft, fragt Withöft. Wenn dann bei der Übertragung das halbe Foto auf der Strecke bleibt, sei das höchst ärgerlich. Seit den ersten Anfängen vor gut einem Jahr habe sich die neue Technik jedoch rasant weiterentwickelt, betont Alexander Krug von der Fachzeitschrift „Connect“.
Zwar gebe es immer mal wieder Softwareprobleme, aber längst nicht mehr in dem Maße wie vor einem Jahr. Die Hersteller haben offenbar aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, als einige schnell auf den Markt geworfene Handys den Kunden den Spaß verdarben. Sein neues Multimedia-Flaggschiff SX1 brachte Siemens angesichts offenbar dringend notwendiger Nachbesserungen nun gerade noch vor Weihnachten auf den Markt – sechs Monate später als angekündigt. Vom Kauf der neuen Super-Handys rät auch Warentest-Skeptiker Withöft nicht mehr ab. Angesichts hoher Subventionen – immerhin gibt es einige Telefone mit Vertrag schon für einen Euro – bekämen die Kunden viel Handy für wenig Geld, sagt er. „Die Spielereien muss man ja schließlich nicht nutzen.“
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