In Las Vegas hat Real am Dienstag im Vorfeld der am heutigen Mittwoch startenden „Consumer Electronics Show“ (CES) eine Beta-Version seines Online-Plattenladens vorgeführt. Die kostenpflichtigen Downloads sind in eine neue Version des RealPlayer integriert und sollen wie bei der Konkurrenz 99 US-Cent pro Stück kosten. Für die ersten zehn Tage sollen Neukunden jedoch auch Songs für zehn Cent angeboten werden. Wann der Dienst startet, teilte Real noch nicht mit. Zu Beginn sollen jedoch schon 300.000 Titel bereit stehen.
Real wagt sich mit dem neuen Service in einen hart umkämpften Markt vor. In den USA ist bei kostenpflichtigen Musik-Downloads Apples iTunes führend, über das laut den Markttforschern von Nielsen Netratings bereits 30 Millionen Stücke verkauft wurden. Das entspricht einem Marktanteil von 70 Prozent. Auch andere Anbieter wie Napster, MusicMatch und auch die Supermarkt-Kette Wal-Mart tummeln sich inzwischen im Markt der bezahlten Online-Musik.
Als entscheidenden Vorteil für sein Angebot sieht Real die Integration von Download- Player- und Archivfunktionen. Pikanterweise kann der neue RealPlayer auch mit DRM gesicherte Downloads aus Apples iTunes übernehmen. Dabei wird das Apple-Format jedoch nicht angetastet. Vielmehr muss der Benutzer iTunes weiterhin installiert haben und einen gültigen Zugang zu Apples Dienst besitzen. Laut Real klinkt sich die eigene Software dann in den Download ein, und die Stücke können danach auch im RealPlayer verwaltet und abgespielt werden.
„Wir halten nichts von Verletzungen des Digital Rights Management“ kommentiert diese Funktion Ryc Brownigg, Chef der Abteilung für Consumer-Produkte bei Real Networks. „Wir arbeiten mit den Rechteinhabern zusammen, und erstellen auch eigene DRM-Software.“
Für Reals neuen Online-Shop bedeutet das eine teilweise Abkehr vom eigenen Audio-Format. Die kostenpflichtigen Stücke sollen zwar im AAC-Format (Advanced Audio Coding) der MPEG kodiert sein, werden jedoch vom Real-eigenen DRM namens „Helix“ geschützt. Damit sind Schwierigkeiten bei der Wiedergabe auf anderen Endgeräten vorprogrammiert. Die meisten portablen MP3-Player unterstützen nur MP3 und Microsofts WMA ohne jegliches DRM. Paradoxerweise bietet die neue Real-Software aber die Möglichkeit, MP3-Titel auch auf Apples iPod zu übertragen.
Trotz dieser Umstände begrüßen die Analysten Reals Vorstoss. Mike McGuire von GartnerG2, einer Tochter des renommierten Marktforschungsinstituts Gartner, meint: „Der übergreifende Player ist ziemlich cool. Wir sehen da einige wichtige Schritte nach vorne, indem einige komplexe Vorgänge versteckt werden. Die Masse der Konsumenten kümmert sich keinen Deut um die zugrunde liegende Technologie.“
Ganz neu ist Real im Online-Markt für Musik freilich nicht. Bisher war man seit Ende 2001 mit namhaften Plattenfirmen an MusicNet beteiligt, das die Songs jedoch in Sonys ATRAC-3-Format anbot. Auch den Anbieter Listen.com übernahm Real Anfang 2002, und führte dessen Dienst „Rhapsody“ fort. Bei diesem Angebot zahlt der Kunde pauschal zehn Dollar im Monat – 350.000 Abonnenten will Real bis Dezember 2003 dafür schon gewonnen haben. Dementsprechend sieht das Unternehmen seinen neuen Dienst für einzelne Songs auch als Einstiegs-Angebot für ein Pauschal-Abo. Im letzten Quartal erzielte Real bereits mehr als die Hälfte seines Umsatzes mit Online-Abonnements.
An seinem Kerngeschäft für Multimedia-Streaming hält Real aber weiter fest. So soll die Version 10 der Codecs RealAudio und RealVideo unter anderem 5.1-Sound für DVD-Inhalte bieten und DVD-ähnliche Qualität schon bei einer Bandbreite von 1 Megabit pro Sekunde bieten. „Wir glauben, daß die legale Online-Distribution von Kinofilmen schon früher ein grosses Geschäft sein wird, als so manche Leute heute glauben“ meint Real-Vize Dan Sheehan. Er sieht dafür bisherige Verbreitung von Breitband-Zugängen bereits als ausreichend an.
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