Die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen scheint angesichts dieser Entwicklung mehr als gerechtfertigt zu sein. In besseren Zeiten allerdings scheint Offshoring den US-Firmen und Arbeitnehmern nicht geschadet zu haben. Zu denken gibt auch das Beispiel der IBM. Der von der Branchenkrise relativ wenig angegriffene Konzern hat zwar gerade erst angekündigt 3.000 Jobs in Billigländer verlagern zu wollen. Gleichzeitig sollen aber 15.000 neue Jobs geschaffen werden. Scheinheilig wird die Argumentation, wenn etwa der internationale Erfolg des US-Unternehmens Accenture gefeiert, dabei unter den Tisch gekehrt wird, dass die Kunden unter anderem von über 4.400 Mitarbeitern aus Billiglohnländern betreut werden.
Doch es geht nicht nur um Arbeitskräfte. Offshoring führt zu einem Technologietransfer in die Länder der Dienstleister. Schon jetzt fürchten die Inder die Konkurrenz der Chinesen, denen man lediglich die besseren Kenntnisse der englischen Sprache entgegenzusetzen hat. Es dräut unerwünschte Konkurrenz aus dem Ausland. So warnte kürzlich HP-Chefin Carly Fioriona vor den „chinesischen, russischen und indischen Herausforderungen für die Knowledge-Economy“.
Diese Befürchtung ist durchaus gerechtfertigt, zeugt aber von einem engen Blickwinkel. Zu Recht machen die Inder darauf aufmerksam, dass die USA und Europa schon bald aus demographischen Gründen auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sein werden. Außerdem erntet der Westen hier nur, was er mit seinen Globalisierungsbestrebungen gesät hat. Die oft erzwungene Öffnung der asiatischen Märkte und die harten Auflagen für die dortige Wirtschaft waren immer wieder mit den Segnungen des freien Weltmarkts gerechtfertigt worden, der den Teilnehmern Chancen für den Absatz neuer Produkte und Dienstleistungen bringe. Nun sollten wir diese Länder nicht um die Früchte der Globalisierung beneiden, zumal sie auch uns zugute kommen. So rechnet Kiran Karmik vor, dass jeder vom Ausland in indisches Outsourcing investierte Dollar auf einen Wert von 1,451 Dollar anwächst, wovon 1,12 Dollar in das Heimatland zurückfließen, während in Indien 33 Cents verbleiben. Mit diesem Geld entwickeln sich die Offshore-Länder zu lukrativen Absatzmärkten. Schon weist Indien bei Handys eine der weltweit größten Wachstumsraten auf.
Langfristig tendiert der durch die Globalisierung eingeleitete Wandel der Weltwirtschaft zu einem Ausgleich der Löhne und so zu einem Handel unter gleichwertigen Partnern – falls die reichen Länder protektionistischen Versuchungen widerstehen. Derzeit kommt es daher darauf an, die Verwerfungen durch die Internationalisierung der Arbeitsmärkte sozial abzufedern. Hier sind die Unternehmen genauso gefordert, wie die Regierungen.
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