Microsoft in der Update-Falle

Für Microsoft wird es immer schwieriger, seine Kunden zum Umsteigen auf eine neue Windows-Version zu bewegen. So sollte eigentlich zum Anfang des Jahres 2004 der Support für Windows 98, SE und ME eingestellt werden. Im Dezember revidierte Microsoft jedoch diesen seit Jahren bekannten Termin, und verlängerte die Unterstützung für die Betriebssysteme auf 16-Bit-Basis bis Mitte 2006. Bis dann will man auch noch einige weitere ältere Windows-Ausgaben pflegen.

Dass Microsoft kurz vor der Ziellinie zurückgerudert ist, hat gute Gründe. Laut jüngsten Untersuchungen laufen ein Viertel aller PCs noch mit Windows 98 oder eine älteren Version. So meint auch Michael Gartenberg, Analyst bei den Marktforschern von Jupiter Research, aus Microsofts Sicht „bleiben die Leute lieber bei Windows 98, statt sich Sachen wie Linux zu überlegen“. Bei Microsoft machen, von Bundles mit Neu-PCs ganz abgesehen, einzelne Lizenzen und Upgrades 42 Prozent des Umsatzes aus.

Vor allem Firmen steigen aber nicht so schnell auf Windows XP um, wie der Software-Gigant sich das wohl vorgestellt hat. Viele ältere PCs sind schlicht nicht so weit aufrüstbar, dass XP darauf komfortabel laufen würde – und noch immer gibt es noch bei weitem nicht für alle Steckkarten oder Peripheriegeräte XP-Treiber. Das klappt nicht einmal vor Microsofts Haustür. Zitat eines Software-Consultants aus Seattle: „Wir haben ältere Hardware und wollen nicht im Handumdrehen Tausende von Dollar ausgeben, um sie aufzurüsten.“

Microsoft hält dagegen, dass die meisten Unternehmen innerhalb der Fünf-Jahres-Periode, für die Microsoft eine Windows-Version pflegt, auch ihre PCs austauschen würden. Dem Unternehmen zufolge kommen die meisten Anfragen nach längerem Support von Einzelpersonen ausserhalb der USA. Doch auch in den Schwellenmärkten, wie China, gewinnt Linux immer mehr an Boden. Anders in Spezial-Bereichen, wie dem Bildungs-Sektor. Hier reicht selbst ein Pentium III mit 500 MHz für das blosse Erlernen von Windows 98 und einigen Standard-Anwendugen noch aus. Gerade für solche Anwender mit wenig oder gar keiner Erfahrung setzen die Bildungsinstitutionen aber ungern neue Betriebssysteme ein, da die grundlegenden Fähigkeiten sich seit der Verbreitung von grafischen Benutzeroberflächen nicht verändert haben.

Vor diesen Hintergründen stellt sich natürlich die Frage, wie lange dann erst der Umstieg auf die nächste Windows-Version mit Codenamen „Longhorn“ dauern wird. Longhorn wird für 2006 erwartet und soll nach Microsofts Aussagen in allen Bereichen wesentliche Verbesserungen bieten. Doch in den zwei Jahren bis dahin hat Linux eine reelle Chance, auch im Desktop-Markt Fuß zu fassen.

Da bis dahin kein grösseres Upgrade für Windows XP erscheinen soll, sehen Analysten wie Steve O’Grady von Redmonk jetzt die besten Vorrausetzungen für Linux: „Das Klima wird nie besser sein, es wird eher schwieriger werden.“

Im kommerziellen Einsatz haben andere Anbieter das zögerliche Upgrade-Verhalten der Kunden ebenfalls schon erkannt. So versucht beispielsweise IBM seinen Kunden Linux-Maschinen als Ersatz für Server unter Windows NT anzubieten – der Support für NT endet nämlich Ende 2004. Microsoft hat nach der Notbremse für Windows 98 aber bereits angekündigt, dass man künftig eventuelle Verlängerungen des Supports früher bekannt geben wolle.

ZDNet.de Redaktion

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