UMTS – neue Handys, schnellere Anwendungen

Neue Hardware, neue Tarife: Und die Dienste? Da bleibt zunächst fast alles beim Alten. Die Hauptargumente für UMTS sind mehr Komfort dank schnellerer Übertragung. Für den Geschäftskundenbereich mit den Datenkarten für das Notebook zieht dieses Argument sicher. Wer die rund 280 kBit/s, die die Netze in der Praxis erreichen, beim Download einmal erlebt hat, ist bestimmt vom Sinn von UMTS überzeugt. Für den Privatkunden sieht das allerdings noch etwas anders aus. Der einzige, tatsächlich neue Dienst ist die Videotelefonie. Ob dieser sich allerdings im Mobilfunk durchsetzen wird, bleibt fraglich. Im Festnetz ist der Videotelefonie dieser Erfolg trotz mehrerer Anläufe verwehrt geblieben. In der Einführungsphase bis Ende September rechnet Vodafone die Videotelefonate wie ein ganz normales Telefonat ab. Danach kostet das Videovergnügen innerhalb des Vodafone-Netzes bis zu 80 Cent pro Minute, befindet sich der Gesprächspartner in einem anderen deutschen Mobilfunknetz kostet das Videotelefonat bis zu 1,20 Euro pro Minute. Verbindungen ins Ausland werden nach der Einführungsphase mit dem doppelten Preis für Sprachtelefonie abgerechnet.

Neben der Videotelefonie setzen die Anbieter auf den Download von Musik oder Videoclips, die mobile E-Mail-Kommunikation oder das schnellere Surfen in Online-Angeboten per WAP oder i-mode. Vielleicht ist die erfolgs- und umsatzbringende Anwendung aber am Ende einfach der schnelle Zugang zum Internet.

Einen Einblick in die UMTS-Innovationskiste gewährte allerdings O2. Ab Herbst möchte der Netzbetreiber bei seinen Genion-Kunden den Festnetzanschluss zu Hause endgültig durch eine Mobilfunkverbindung ersetzen. Bisher krankte dieses Vorhaben nämlich an der fehlenden Konkurrenzfähigkeit der mobilen Datenübertragung mit dem ISDN- oder sogar DSL-Anschluss. Zwar haben sehr viele Kunden einen Genion-Vertrag mit Homezone abgeschlossen, den Festnetzanschluss gaben aber die wenigsten auf, weil sie ihn für den Zugang zum Internet benötigen. Jetzt sieht man aber die Zeit gekommen, auch hier das Kabel zu kappen.


Mit surf@home möchte O2 ab Herbst bei Genion-Kunden den Festnetzanschluss durch eine UMTS-Verbindung ersetzen: etwa 100 Euro soll die Box kosten, die Gebühren sollen mit denen im Festnetz konkurrieren können. (Bild: O2)

Möglich soll das mit surf@home werden. Dahinter verbirgt sich eine Box mit voraussichtlich USB-, Ethernet- und WLAN (IEE 802.11b)-Schnittstelle für den Anschluss des PC oder des Notebooks zu Hause. Die Verbindung nach außen, also ins Internet, soll in mehrfacher ISDN-Geschwindigkeit per UMTS erfolgen. Funktionieren kann die Substitution allerdings nur, wenn nicht nur die Datenraten konkurrenzfähig sind, sondern auch die Tarife. Das weiß man auch bei O2. Man wolle sich an den Festnetzpreisen orientieren heißt es derzeit vorsichtig in der O2-Zentrale. Für die Box gilt das gleiche. Rund 100 Euro gibt man als Größenordnung an. „Wir können nicht mehr verlangen, als der Kunde für ein DSL-Modem bezahlen muss“, steckt Lutz Schüler den Preisrahmen ab.

Dass es bei hoher Nachfrage dann mit der Netzkapazität hapern könnte, fürchtet Schüler nicht. Man könne die Kapazität noch um einiges erhöhen. Man befinde sich ja schließlich erst in der ersten Ausbauphase. Und tatsächlich macht in Mobilfunkkreisen schon ein neues Akronym die Runde: HSDPA. Hinter High Speed Downlink Packet Access verbirgt sich eine Modulationsart, die im Downlink eine Datenrate von theoretisch bis zu 14, 4 Mbit/s möglich macht. HSDPA ist Teil des Release 5 der WCDMA-Spezifikationen. Mit HSDPA wären die Netzbetreiber in der Lage, mehr Datennutzer mit einer höheren Datenrate auf einem Funkkanal zu versorgen. Oscar Salonaho, Head of Technology Marketing bei Nokia, vergleicht das Verhältnis von WCDMA und HSDPA mit dem von GPRS und EDGE womit er deutlich macht, dass es sich bei HSDPA nur um eine Evolutionsschritt handelt und nicht um die Einführung eines völlig neuen Netzwerkkonzepts. Das Einsatzgebiet für die neue Technologie liegt überall dort, wo besonders hohe Nachfrage nach mobiler Datenübertragung besteht – vor allem im Unternehmensumfeld zur Versorgung von Firmengebäuden aber auch im Privatbereich, wenn in einem räumlich begrenzten Gebiet hohe Datenkapazitäten nachgefragt werden. Bis die Technologie einsatzreif ist, vergeht aber noch einige Zeit. Erst in der zweiten Jahreshälfte 2005 rechnet Nokia-Manager Oscar Salonaho mit den ersten Netzwerkkomponenten, die den Netzbetreibern zu Tests zur Verfügung gestellt werden können.

UMTS wälzt also den Mobilfunkmarkt nicht auf einen Schlag um. Vielmehr wird UMTS wohl eher langsam an Bedeutung gewinnen. Mit der Zeit werden UMTS-Telefone voraussichtlich das Preisniveau heutiger GSM/GPRS-Handys erreichen. Dann tritt der Effekt ein, dass die Kunden sich UMTS-Handys einfach kaufen so wie sie heute vielfach einfach GPRS-Handys aus den Läden schleppen, ohne die GPRS-Funktion überhaupt zu nutzen. Dann müssen die Netzbetreiber ihnen nur noch klar machen, was sie mit UMTS anfangen können – das dürfte voraussichtlich die etwas schwerere Aufgabe sein. Einfacher wird diese Aufgabe im Geschäftskundensegment. Hier bringen die Datenkarten fürs Notebook mit den hohen Datenraten echten Mehrwert für die Nutzer.

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ZDNet.de Redaktion

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