Waren die Auseinandersetzungen zwischen Windows und Unix, zwischen Java und .Net lediglich Marketing-Inszenierungen? Ist Sun pleite, und muss nun Windows den Weg in die Rechenzentren ebnen? Wachsen Microsoft die Prozesse über den Kopf? Steckt hinter all dem ein gemeinsamer Plan gegen gemeinsame Konkurrenten wie die Open Source-Szene oder die IBM? Oder möchten sich die beiden Firmen von Ballast befreien, um neue, noch unbekannte Ziele anzustreben?
Verschwörungstheoretiker argwöhnen, Sun wolle sich mit Microsoft gegen Open Source zusammentun. Tatsächlich fürchten nicht nur diese beiden Firmen um die Früchte ihrer intellektuellen Errungenschaften, wenn sie dem Druck der Straße nachgeben, und den Quellcode ihrer Programme offen legen. Doch die Open Source-Bewegung ist unter den Kunden, vor allem aber unter den Entwicklern längst so attraktiv geworden, dass es selbst für Microsoft gefährlich wäre, sie zu verärgern, für Sun wäre es tödlich. Keine Plattform, gleichgültig ob Windows, Solaris oder das Web, kann heute ohne die massive Unterstützung durch die Entwickler im eigenen Haus, in den Softwareschmieden und in den Anwenderfirmen überleben. Schließlich würde jeder Angriff auf die Open Source-Gemeinde den Konkurrenten Kunden und Entwicklerpersonal in die Arme treiben – allen voran der IBM, die manchen ebenfalls als Hauptstossrichtung der Sun-Microsoft-Kooperation gilt. Doch was soll eine Technologie-Kooperation gegen ein Unternehmen ausrichten, das weniger von Lizenzen als von Dienstleistungen lebt? Als Service-Provider ist Big Blue vielmehr ein wichtiger Vertriebsarm für Sun wie Microsoft. Unwahrscheinlich ist die Theorie einer Allianz gegen wen auch immer schon deshalb, weil sie eine Einigkeit der Partner unterstellt, die es nicht gibt.
Vielmehr vermittelt die gemeinsame Ankündigung des Deals in einem US-Fernsehsender durch Microsoft-Chef Steve Ballmer und Sun-Lenker McNealy, eher den Eindruck dass die Partner selbst noch nicht so recht wissen, was sie in den kommenden zehn Jahren miteinander anfangen sollen. Klar wurde, dass die Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre noch nicht vergessen sind. So kontere McNealy auf die Interview-Frage, ob nun der Kalte Krieg zwischen den Unternehmen vorbei sei, mit der Gegenfrage: War er je kalt? – Ballmer rang sich dazu ein höfliches Lachen ab.
Auch im weiteren Verlauf des TV-Interviews war trotz gespielter Lockerheit wenig von Gemeinsamkeiten zu hören. McNealy betonte, dass es um die technische Interoperabilität der Server mit Windows gehe und darum, den Anwendern mehr Auswahl zu geben. Windows auf Sparc-Systemen aber werde es nicht geben, grenzte er seine Technik gegen die des neuen Partners ab. Ballmer ging auf Technik kaum ein, sondern zeigte sich vor allem darüber erleichtert, dass nun die urheberrechtlichen Probleme mit Sun vom Tisch seien.
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