Googles Gmail: E-Mail-Spion oder tolles Online-Archiv?

Die Nutzungsbedingungen für Gmail sind größtenteils einfach zu verstehen. Der Dienst wird kostenlos und darum „as is“ („wie er ist“) angeboten: Google kann ihn jederzeit ohne Kündigung und ohne Haftung schließen. Außerdem gibt Google vor, dass jeder Account geschlossen wird, nachdem er 90 Tage lang nicht genutzt wurde. Und außerdem gibt es noch diese Klausel, dass Mails eventuell im System bleiben, auch wenn sie gelöscht wurden – aber wer glaubt, dass Löschen auf einem beliebigen System endgültig und ohne Spuren von sich geht, sollte sowieso besser nicht mit einem PC arbeiten.

Die entscheidenden Absätze der Nutzungsbedingungen beziehen sich auf die Anzeigen. Der Nutzer willigt ein, dass Google ihm Anzeigen einspielen wird, die zum Inhalt der Mail passen – laut Google ein voll automatisierter Prozess. Niemand wird die Mails lesen. Allerdings hat sich Google ein kleines Schlupfloch offen gelassen – so heißt es, dass kein Mensch die Inhalte der Mails ohne Zustimmung des Nutzers lese [Hervorhebung der Redaktion].

Was bedeutet das? Das weiß nur Google. Es hat auch in der Vergangenheit schon Anbieter von Antispam-Lösungen gegeben, deren Mitarbeiter Unternehmensmails lesen sollten. Ein schwieriges Geschäftsmodell: In eine solche Vereinbarung einzuwilligen fällt nie leicht. Selbst mit den genauesten Bestimmungen und Vereinbarungen kann der Nutzer nie wirklich sicher sein, wer seine Mails liest – und aus welchem Grund. Wer sich grundsätzlich nicht in die Post schauen lassen will, muss auf E-Mail möglichst ganz verzichten. Und wer auch einer Maschine den Blick in die privaten oder geschäftlichen Nachrichten verweigern will, kann einen anderen Mailanbieter wählen – oder Verschlüsselung einsetzen.

Google bittet in den Nutzungsbedingungen ausdrücklich um Feedback. Die Bedingungen sind vorbehaltlich und können sich vor der öffentlichen Verfügbarkeit des Dienstes noch ändern. Eine Änderung des Anzeigenmodells ist jedoch unwahrscheinlich – außer, Google stößt in einem wichtigen Land auf unüberwindliche rechtliche Probleme. Das ist bislang nicht der Fall. In England etwa wurde eine entsprechende Beschwerde von Privacy International kürzlich zurückgewiesen – solange die Nutzungsbedingungen klar seien, gebe es keine datenschutzrechtlichen Bedenken.

Dennoch ist die Argumentation von Privacy International einen genauen Blick wert: Es sei nämlich lediglich der Empfänger der Nachricht, der dem Lesen der Nachricht zustimme, nicht aber ihr Urheber, der Sender.

Der Wortlaut

Im Detail heißt es in den Nutzungsbedingungen von Google:

  • „Wir sammeln eingeschränkte Informationen über jedes Benutzerkonto und speichern die Kontodaten wie die Nachrichten auf unseren sicheren Servern ab.“
  • „Wir werden unter keinen Umständen Informationen vermieten, verkaufen oder teilen, die Sie persönlich für Marketing-Zwecke identifizierbar macht, ohne dass Sie uns dies ausdrücklich gestatten.“
  • „Kein Mensch liest ohne Ihre Zustimmung Ihre E-Mails, um Anzeigen oder verwandte Informationen auf Sie abzustimmen.“

Die gesammelten Informationen sind persönliche Informationen des Nutzers wie Vor- und Zuname, eine Backup-Email-Adresse und eine ‚geheime Frage‘, die im Fall eines verlorenen Passworts gestellt wird. Was aber passiert, wenn man auf eine der kontextbezogenen Anzeigen klickt? Laut Google teilt die URL der Weiterleitung dem Anzeigenkunden mit, dass der Besucher von Gmail kommt, übergibt aber keinerlei die Person identifizierende Informationen.

Wer sich große Sorgen um die Vertraulichkeit seiner E-Mails macht, sollte Gmail sicherlich nicht benutzen. Aber diejenigen verwenden bestimmt ohnehin längst eine Verschlüsselungssoftware. Alle anderen können die Textanzeigen wie bei jeder Google-Suche ja ignorieren, sie gelegentlich nutzen – oder sich über die Trefferquote der Google-Engine amüsieren.

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Neueste Kommentare 

7 Kommentare zu Googles Gmail: E-Mail-Spion oder tolles Online-Archiv?

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  • Am 28. Mai 2004 um 18:13 von N.Weichelt

    Abwägen von Nutzen und Schaden
    Ich heiße es gut, daß durch ein Szenario, wie es durch die GMail-Diskussion entsteht, die Instinkte des Einzelnen in punkto Datensicherheit und -verwertung geschult und sensibilisiert werden. Noch herrscht auch in mir ein Bewußtsein vor, daß ich immer noch selber bestimmen kann, auf welche Werbemaßnahme ich eingehe. Ich habe keine Vorstellung davon, was anhand des Mail-Scanning mit meinen Nachrichten passiert – also kann ich es ausprobieren und das Beste hoffen. Hoffen, daß es eine Entwicklung zum informierten, entscheidungsbewußten User ist, und keine zum gläsernen…

  • Am 27. Mai 2004 um 19:45 von coke

    warum regt sich keiner über spam-analyse auf?
    Etwas eigenartig finde ich schon, daß plötzlich das Auswerten von E-Mails zum Zwecke der Einblendung von Werbung eine Verletzung des Datenschutzes darstellen soll. Oder gar das Postgeheimnis verletzen sein soll. Dabei werden jeden Tag milliarden an Auswertungen durchgeführt, über die noch keiner sagte, es handle sich um Spionage: die Spam- und Virus-Filter machen doch — letztendlich — nix anderes…

  • Am 26. Mai 2004 um 9:08 von bdegli

    Vertrauen
    >Wer sich große Sorgen um die Vertraulichkeit seiner E-Mails macht, sollte Gmail sicherlich nicht benutzen.

    Oder noch genauer, der sollte seinen Mail-Account NUR auf einem privaten Server haben. Interessant, dass solche Kritiken nie zu Hotmail gemacht werden. Auch 1mb Speicherplatz lässt sich analysieren – und wer weiss wieveil Information darüber im Backround ausgewertet wird.

  • Am 17. Mai 2004 um 22:37 von betablocker

    Datenschutz
    wer so lapidar das Thema Datenschutz abhandelt, wie der Autor dieses Artikels, arbeitet letztlich an der Demontage des Datenschutzes mit. Es ist ein Unterschied, ob jemand meine mails irgendwie auswertet, und dies illegal tut; oder ob jemand so etwas dreist in die Nutzungsbedingungen aufnimmt, wohl wissend, dass die kaum jemand liest. Von einer kritischen Bewertung kann bei diesem Artikel nicht die Rede sein.

  • Am 27. April 2004 um 19:13 von Fraggle

    PGP
    Mir ist der Dienst völlig egal, die Thematik aber interessant.
    Daher die Frage: Was macht google wenn man die Mails PGP verschlüsselt? Wie soll dann das Programm die geeignete Werbung finden? Besser noch, würde das Programm den Server bei zu vielen "sinnlosen" Mails zum Absturz bringen da das Programm nichts erkennen kann?

    • Am 29. April 2004 um 9:21 von Fred

      AW: PGP
      Die Programmierer einer solchen Suchmaschine sind sicher so fähig, das Programm so zu schreiben und auf die endlich vielen Zeichen einzustellen, dass es NICHT abstürzt, wenn es sinnlose Zeichenfolgen findet.

  • Am 27. April 2004 um 18:56 von Unknown

    Genau so
    Wie Sie schon schreiben, wer Bedenken hat, der soll GMail einfach nicht nutzen, Google zwingt doch niemand zu deren Maildienst! Und der Speicherplatz muss ja auch irgendwie finanziert werden.

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