Erwartungsgemäß ermutigt Papadopoulos als einer der Wegbegleiter von Java Unternehmen dazu, sich bei der strategischen Zukunftsplanung ihrer Softwareinfrastrukturen auf die Middleware-Ebene zu konzentrieren. Überraschend war allerdings seine Aussage, dass er der Frage, welcher der wichtigsten Middleware-Technologien – .Net oder Java – die Unternehmen den Zuschlag geben sollten, „leidenschaftslos“ gegenüberstehe, solange sie sich für mindestens eine davon entscheiden.
Im Laufe des halbstündigen Gesprächs wurde Papadopoulos meist das Wort überlassen.
Papadopoulos über Rechenzentren für den Massenmarkt: Sollte Bill Gates eines Tages mit seinem größten Beitrag zur elektronischen Datenverarbeitung in die Geschichtsbücher eingehen, wird dies sein Konzept zur Konfektionierung von Software sein: Man gibt 50 Millionen Dollar für die Entwicklung eines Programms aus, verkauft es eine Million mal für 100 Dollar und macht 50 Millionen Dollar Profit. Das ist Wirtschaftlichkeit durch Massenproduktion in ihrer reinsten Form. Wenn ich 10 Millionen Kunden erreiche, kann ich zehnmal soviel für Forschung und Entwicklung ausgeben und ein Programm, dessen Entwicklung 500 Millionen Dollar gekostet hat, für 100 Dollar anbieten. Diese Rechnung birgt riesige Möglichkeiten, greift bei Rechenzentren aber nicht, sobald man sich von der Ebene der Einzelkomponenten entfernt. Wenn man sich damit beschäftigt, „wie die Komponenten zueinander passen, wie sie zusammenarbeiten und wie das Ganze funktioniert“, kommt man im Ergebnis jedes Mal zu dem Schluss, dass es sich um eine Einzellösung für den jeweiligen Kunden handelt. Es ist wie in der Zeit vor der industriellen Revolution, als Schuhe noch einzeln hergestellt wurden. Auf dieser Entwicklungsstufe stehen wir. In unserer Branche fertigen wir ausschließlich Einzelstücke. Wir müssen diese Dinge weit mehr vereinheitlichen wie bei der konfektionierten Software. Allerdings ist dies eine der größten Schwellen, die wir beim Nachdenken über und Neubewerten von Datenverarbeitung allgemein überwinden müssen. In Zahlen ausgedrückt werden 20 Prozent eines Budgets für Hardware aufgewandt und 80 Prozent für Service. Das ist ein krasses Missverhältnis. Das ist wie des Kaisers neue Kleider. Wo sonst laufen die Geschäfte eines Unternehmens so ab? Wenn man ein Auto kauft, erwartet man schließlich auch etwas anderes. Da kalkuliert man für die Wartung vielleicht 10 Prozent der Gesamtkosten ein.
ZDNet liest zwischen den Zeilen: Den derzeitigen dramatisch hohen Kosten für die Anpassung von Datenzentren mit einer Vision von etwas „Einheitlicherem“ oder Konfektioniertem zu begegnen, ist nichts Neues. Larry Ellison, CEO von Oracle, bezeichnete dies als „war on complexity“ („Krieg gegen die Komplexität“), bis nach dem 11. September 2001 Kriegsmetaphorik als politisch inkorrekt betrachtet wurde. Während Ellison aber auf eine Vereinheitlichung der Anwendungsebene hinaus wollte, indem er vorschlug, Anwendungs-Suiten für Back-Office-Abläufe von Unternehmen zu konfektionieren und die Kunden aufzufordern, diese nicht zu verändern, denkt Papadopoulos an eine Vereinheitlichung der Plattformebene, die Anbieter dazu zwänge, sich hier meistenteils an einen Funktionalitätsstandard zu halten und den Wettbewerb über die Skalierbarkeit und die Zuverlässigkeit der Funktionen auszufechten. So verbrächten IT-Fachleute weniger Zeit damit an der Plattform herumzubasteln, hätten mehr Zeit, diese für unternehmerisch wertvolle Ziele zu nutzen und könnten Einfluss auf die Plattformanbieter nehmen, von denen die Innovationsfähigkeit verlangt würde, die Kosten für den Betrieb der Plattform niedrig zu halten. Um eine solche Vereinheitlichung durchzusetzen, sollte die Ebene, welche Anbieter den IT-Abteilungen bereitstellen und auf die sich die Entwickler konzentrieren sollten, die Middleware-Ebene sein, in der Laufzeit-Umgebungen wie .Net und Java zu Hause sind.
Papadopoulos zur Frage, warum der Schlüssel für eine Vereinheitlichung der Rechenzentren auf der Middleware-Ebene (Java oder .Net) zu suchen sei: Die binäre Kompatibilität, mit der man aufgrund der zugrunde liegenden Prozessor-Architektur bislang vertraut sein musste, macht es nicht nur den Endanwendern schwer, sondern auch den Entwicklern. Heute sagt ein Web-Entwickler etwa: „Ich entwickle für Apache.“ Man hört keinen Entwickler fragen: „Ist das Apache auf Windows oder Apache auf Linux oder Apache auf Solaris?“ Es spielt keine Rolle. Sie entwickeln einfach Webseiten. Ganz ähnlich müssen wir Systeme bauen, die auf der Netzwerk-Ebene viel einheitlicher sind, damit ich, wenn ich in ein Rechenzentrum gehe, sagen kann „Oh, das kommt mir bekannt vor. Es sieht genauso aus wie das, in dem ich gestern war, weil es mit derselben vereinheitlichten Architektur und denselben Organisationsprinzipien aufgebaut ist.“ Derzeit können dies entweder Java oder .Net sein. Beide Plattformen haben dieselben Eigenschaften bei der Abstraktion. .Net hat die CLR (Common Language Runtime), Java hat die JVM (Java Virtual Machine). Die ausschließliche Ausrichtung auf Windows bei .Net ist mir dabei egal, da ich daran glaube, dass es da draußen unterschiedliche Kulturen geben muss.
Zwischen den Zeilen: Der Erfolg von Apache als eine in den oberen Schichten angesiedelten Plattform, die auf den Entwickler zugeschnitten werden kann und die alles darunter gelegene (Betriebssystem, Hardware etc.) abstrahiert, bestätigt die Vorteile einer Vereinheitlichung. Die Fähigkeit von Apache, über derart viele zugrunde liegende Hardware- und Software-Komponenten hinweg eine gemeinsame Abstraktionsebene zu bieten, hat viel für seine Popularität getan und für die Möglichkeiten, die der Server bei der Auswahl von Komponenten und bei der Kostenkontrolle bietet. Allerdings kann Apache nur eine Teilmenge der Anwendungsbedürfnisse der meisten Rechenzentren bedienen und so fällt es den IT-Managern zu, dieses Konzept der Vereinheitlichung auf den Rest der Architektur ihrer Rechenzentren zu übertragen. Angesichts der Tatsache, dass die Vereinheitlichung durch Middleware erzielt wird, und des Umstandes, dass Papadopoulos bei Sun angestellt ist, würde er hier wohl den Einsatz von Java empfehlen. Aber nach seinem Treffen mit Microsoft-Chef Bill Gates (das vor kurzem zur Einigung zwischen Sun und Microsoft führte), erkennt Papadopoulos die Notwendigkeit, zunächst den Glauben an die Middleware zu verbreiten, bevor man sich darüber den Kopf zerbricht, für welche der großen Plattformen man wirbt. Angesichts der ausschließlichen Bindung von .Net an Windows-artige Betriebssysteme auf Intel-Hardware scheint es allerdings, dass sich hier weniger Vorteile aus der Abstraktion erzielen lassen, als dies mit Java möglich ist. Selbst nach dem Treffen mit Gates wäre es für Papadopoulos schwierig, den Systemen indifferent gegenüberzustehen, wenn .Net auch weiterhin hinsichtlich seiner Möglichkeiten zur Unterstützung der zugrundeliegenden Stacks eingeschränkt bliebe. Auf lange Sicht lässt sich vorhersagen, dass es eine von Microsoft gebilligte Version von .Net für Solaris (und vielleicht Linux) geben wird und dass als Ergebnis der Einigung Sun diese als erstes herausbringen wird (sehr zum Schaden des Mono-Projekts, das durch den Erwerb von Ximian jetzt in der Obhut von Novell liegt).
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