Seit seiner Gründung vor fast 30 Jahren hat sich Microsoft zu einem der mächtigsten und erfolgreichsten IT-Konzerne entwickelt. Mit Barreserven von über 50 Milliarden und einem Börsenwert von rund 300 Milliarden Dollar braucht Microsoft auch den Vergleich mit branchenfremden Unternehmen nicht zu scheuen.
In den letzten Jahren hat sich das stürmische Wachstum des Konzerns aber deutlich langsamer entwickelt, der Aktienkurs stagniert und Beobachter sehen Microsoft auf dem besten Weg, „das nächste IBM“ zu werden. Big Blue wird von vielen als großes und mächtiges, aber auch wachstumsschwaches und unbewegliches Unternehmen angesehen.
Nach seiner Keynote auf der „Worldwide Partner Conference“ in Toronto hat sich CNET/ZDNet mit dem Microsoft-CEO Steve Ballmer über die Wachstumschancen, neue Projekte und das Selbstverständnis von Microsoft sowie über die Trends im Softwaregeschäft unterhalten.
Die Frage, ob Microsoft nach dem Sieg über Big Blue das nächste IBM werden würde, relativierte Ballmer. „Zunächst einmal haben wir IBM nicht besiegt. Sie haben noch immer ein Softwaregeschäft mit einem Umsatzvolumen zwischen zwölf und 13 Milliarden Dollar.“
Das Kerngeschäft von IBM sei aber, auch im Bereich Mainframes, Software gewesen. Im Gegensatz zu seinem Unternehmen sei es Big Blue aber nicht gelungen, dieses Geschäft zu verjüngen. „Außerhalb der Mainframes haben sie in keinem Bereich eine überwältigende Stellung. Weder mit Websphere, DB2, Tivoli noch Notes.“
Die Frage, ob Microsoft genauso unbeweglich werde wie IBM verneinte Ballmer erwartungsgemäß energisch. „Ich werde das nicht zulassen. Ich werde mit allem was ich habe dafür sorgen, dass wir uns eine Kultur erhalten, mit der wir weiter innovativ und leidenschaftlich sein können, in gewisser Weise auch etwas bizarr und eigenständig.“
Ballmer verwies in diesem Zusammenhang auch auf das Engagement von Microsoft, in andere Geschäftsbereiche vorzudringen. Als Beispiel nannte er die immer noch defizitäre Xbox. „Wir mögen immer noch Geld verlieren, aber wir sind aus dem Nichts zu einem wichtigen Player aufgestiegen, der einen ganz anderen Ansatz verfolgt“, so Ballmer. „Wir haben etwas völlig Neues geschaffen.“ Der CEO ließ keinen Zweifel daran, dass Microsoft trotz erheblicher Anfangsverluste weiterhin in die Xbox investieren wird und machte die Ambitionen seines Konzerns deutlich. „Ich wette, mit der nächsten Generation können wir es mit Sony aufnehmen.“
Der durch die zahlreichen Gewinnwarnungen in letzter Zeit von manchen gezogene Schluss, dass im Bereich Business-Software kein Wachstum mehr möglich sei, stellte Ballmer zumindest für sein Unternehmen als falsch dar. Bei Microsoft wachsen laut Ballmer die Bereiche Administration, Sicherheit, Server, Collaboration und Business Intelligence. „Egal welchen Bereich ich mir ansehe, ich sehe Wachstumschancen.“
Profitieren soll Microsoft auch vom Niedergang von Unix. „Viele Dinge, die bisher auf Unix-Plattformen oder Mainframes abgewickelt wurden, kommen langsam wieder auf den Markt. Das wird eine Expansion des Marktes nach sich ziehen und wir werden wachsen“, zeigt sich Ballmer überzeugt.
In seinem kürzlich zum Beginn des Microsoft-Geschäftsjahres an alle Mitarbeiter versandten Memo war auch von Office 12 die Rede. Es war bereits darüber spekuliert worden, ob das ursprünglich für Longhorn geplante Release vorgezogen werde. Dies wollte Ballmer nicht bestätigen, berichtete aber von einer anderen, wichtigen Entscheidung. „Wir haben entschieden, dass Office auch Nicht-Longhorn-Systeme unterstützen soll, sodass wir nicht so eng an den Longhorn-Zeitplan gebunden sind. Wir sind nicht mehr so gebunden wie ursprünglich geplant.“ Trotzdem soll die neue Version von Office die Features von Longhorn voll ausnutzen.
Das Business-Modell beim Verkauf von Enterprise-Software bewege sich langsam in Richtung Abonnement. „Einige unserer Kunden wollen immer noch Pakete kaufen und wir verkaufen sie ihnen. Viele Kunden, ein zunehmender Prozentsatz in den letzten drei, vier, fünf Jahren, hat sich für die Anschaffung von Enterprise-Agreements entschieden.“ Dies sei zwar nicht das klassische Abo, da die Software dem Unternehmen irgendwann gehört, aber auch nicht der direkte Verkauf im ursprünglichen Sinne. Ballmer rechnet damit, dass dieser Trend anhalten wird. Künftig soll Software auch zunehmend so entwickelt werden, dass sie nicht nur per CD ausgeliefert werden kann. „Eine andauernde Verbindung zwischen Softwarehersteller und Anwender wird für zusätzlichen Wert sorgen“, so Ballmer.
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