„Als ich Skype heruntergeladen hatte, wusste ich, dass es vorbei ist.“ Mit diesen Worten kommentierte der Vorsitzende der US-Regulierungsbehörde FCC, Michael Powell, vor kurzem den Erfolg des Telefonierens über das Internet. „Wenn Investoren ein Programm vertreiben, mit dem jeder mit jedem sprechen kann, die Qualität fantastisch und das Ganze auch noch gratis ist – dann ist´s vorbei. Die Welt wird sich nun unumkehrbar verändern.“
Das Programm „Skype“ wird wegen seiner stabilen Verbindungen und der in der Tat hervorragenden Qualität der Sprachübertragung gerne als Grabstein für die traditionelle Telefonie über fest verlegte Leitungen bezeichnet. Doch „Voice over IP“ ist längst auch für die ISPs ein Thema, und die wollen die Technologie am liebsten nicht dauerhaft mit PCs verknüpft sehen. Und auch hier gibt es hoffnungsvolle Startup-Unternehmen. Eines davon ist Net2Phone, die ähnliche wie Sipgate in Deutschland in den USA Telefoniedienste per Internet anbieten. Net2Phone-Vize Sara Hofstetter meint: „VoIP wurde erst dann ein Erfolg, als es vom PC loskam.“ Anders als Skype benutzt Net2Phone keine Peer-to-Peer-Software.
Doch P2P ist auch das technische Erfolgsgeheimnis hinter Skype. Die stabilen Verbindungen, die auch Routen-Änderungen im Internet überleben, sind mitsamt der Qualität nur möglich, weil die Rechner aller Skype-Benutzer ein eigenes Netzwerk bilden. 750.000 PCs sind das laut Skype inzwischen täglich, und das Netz kann dem Unternehmen zufolge organisch wachsen ohne neue Ressourcen zu erfordern – der Traum eines jeden klassischen Anbieters von Telefon-Netzen. Dass Skype diesen Ansatz wählt, kommt nicht von ungefähr: Die Firmengründer sind Jan Friis und Niklas Zennstrom, von denen auch die umstrittene Tauschbörse Kazaa stammt. Ihr P2P-Know-How wollen sie jetzt in gänzlich legale Regionen übertragen.
Da technisch überzeugend, gewinnt Skype immer schneller mehr Benutzer. Skype gibt an, seit dem Start im August 2003 bereits 22 Millionen Downloads der Software ausgeliefert zu haben. Derzeit sollen sich jeden Tag 60.000 neue User für den kostenlosen Dienst anmelden. Diese Zahlen erinnern an die rapide Verbreitung von Gratis-Software wie ICQ Ende der neunziger Jahre.
Viele Nutzer bringen auch viel Risikokapital. So haben unter anderem die Venture-Kapitalisten von Draper Fisher Jurvetson neun Millionen Dollar in Skype investiert. Tim Draper ist beeindruckt: „Die Wachstumsraten sind enorm. Ich glaube nicht, dass seit Hotmail ein Produkt so schnell angenommen wurde.“ Der Investor weiter: „Wir glauben, das ist ein globales Phänömen, das die Kommunikation stark verbessern wird.“
Doch neun Millionen sind im Telefonmarkt nicht viel Geld. Sara Hofstetter von Net2Phone sieht die Zahlen kritisch: „In einem Markt der viele Milliarden Dollar bewegt, ist es leicht, 10 Millionen Computerfreaks zu finden. Die Hauptfrage für Skype sollte sein: Wie können wir damit Geld verdienen?“
Bisher hatte Skype nur Einnahmen durch den Verkauf von Sprechzubehör. Für 55 gibt es etwa das „CyberPhone“, einen Telefonhörer mit USB-Anschluss, der vor allem Notebooks ohne Audio-Schnittstellen schnell Skype-fähig macht. Daneben bot man auch Headsets von Plantronics an. Seit Mitte 2004 ist aber auch das kostenpflichtige Telefonieren in Fest- und Mobilnetze möglich. Der „SkypeOut“ genannte Dienst arbeitet mit einem Guthabenkonto, das man mit 10, 25 oder 50 Dollar aufladen kann. Damit lassen sich dann in den USA, Westeuropa, Australien und einigen südamerikanischen Staaten Festnetz-Anschlüsse für 1,7 Euro-Cent pro Minute anrufen. Auch dabei hilft dann das P2P-Netz der Skype-User, sodass das Unternehmen selbst sich nie um die Infrastruktur scheren muss.
Doch Skype-Gründer Niklas Zennstrom will die klassischen Telefonie-Anbieter gar nicht verdrängen. Vielmehr sieht er Skype schlicht als überzeugendes Argument an, sich einen Breitband-Anschluss zuzulegen. Denn der kann auch in der Kommunikation mehr als der Telefonanschluss. Zennstrom: „Faxe haben nicht die Post verdrängt, und E-Mails nicht die Faxe. Wir wollen keinerlei Telefongesellschaften verdrängen. Die Leute werden in der Zukunft weiterhin alle möglichen Telefone benutzen. Wenn überhaupt, dann helfen wir den Verkauf von Breitbandanschlüssen. Wir wollen die Art der Kommunikation erweitern, und Textnachrichten, Datei-Transfers und Video integrieren. Sprache ist nur eine Art der Kommunikation.“
Dabei muss Skype natürlich auf noch mehr Plattformen als bisher Windows, MacOS und Linux. Seit kurzem gibt es auch eine Version für Pocket PCs – die immer häufiger mit WLAN ausgestattet sind. Damit lässt sich dann etwa in den USA bei Starbucks, das flächendeckend HotSpots anbietet, beim Kaffee für 1,7 Cent nach Deutschland telefonieren. Sogar Skype für UMTS-Netze hat das Unternehmen bereits getestet – was natürlich Fragen aufwirft, da auch die Daten-Nutzung hier noch teuer ist. Doch Niklas Zennstrom glaubt, dass diese Dienste schnell billiger werden: „Das wird ein grosser Schritt für uns.“
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