Internet fördert demokratische Debatte im US-Wahlkampf

Das Internet fördert die Wahrnehmung unterschiedlicher politischer Positionen. Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Pew Internet & American Life Project hervor, die im Juli 2004 unter 1510 US-Amerikanern über 18 Jahren durchgeführt wurde. Die Studienautoren sehen dadurch Befürchtungen widerlegt, wonach das Internet zu einer selektiven Information führe, die Argumente für eigene Sichtweisen bevorzugt und andere Positionen ausblendet. Die Nutzung des Internet erhöhe hingegen die Kenntnisse anderer politischer Positionen. Das Web werde zunehmend als zusätzliche Informationsquelle genutzt. Hauptlieferant politischer Informationen ist nach wie vor unbestritten das Fernsehen.

78 Prozent aller US-Amerikaner geben laut Pew-Studie das Fernsehen als Hauptquelle ihrer Informationen über die Wahlkampfkampagnen der beiden US-Präsidentschaftskandidaten an. Neben den Wahlkampagnen haben die Studienautoren auch die Kenntnisse über Pro und Contra zum Irak-Krieg, die Frage der Ehe zwischen homosexuellen Paaren sowie über Handelsfreiheit abgefragt. Dabei habe sich herausgestellt, dass die Nutzung des Internet den Informationsstand generell erhöhe. Internet-User suchen im Web also nicht nur Informationen, die ihre Sichtweisen bestätigen, sondern auch Gegenargumente. Das Internet sei daher eine „Tür zu einer besser informierten politischen Debatte“, schlussfolgern die Studienautoren.

90 Prozent der US-Amerikaner, die sich Nachrichten täglich aus dem Internet holen, sehen auch Nachrichtensendungen im Fernsehen und lesen Tageszeitungen. Im Internet sind die Websites der großen nationalen Nachrichtenorganisationen wie CNN am beliebtesten: 72 der Breitband-User und 51 Prozent der Dial-Up-User holen sich dort ihre politischen Informationen. Auf Platz zwei rangieren internationale News-Sites wie BBC und Al-Jazeera (Breitband: 24 Prozent, Dial-Up: 14 Prozent). Alternative Nachrichtenportale wie Alternet.org oder Newsmax.com steuern 16 Prozent der Breitband- und sieben Prozent der Dial-Up-User an, um sich über Politik zu informieren. Politisch orientierte Websites wie Moveon.org dienen 15 Prozent der Breitband-User als Informationsquelle (Dial-Up: sieben Prozent). Die offiziellen Websites der Kandidaten kommen auf eine ähnliche Reichweite.

Die Studie teilt die Befragten in vier Typen: Omnivoren („Allesfresser“) sind sehr interessiert am Wahlkampf und an politischen Themen. Sie sind die häufigsten Nachrichten-Konsumenten und beziehen ihre Informationen aus zahlreichen Quellen. Sie machen etwa 43 Prozent der Befragten aus. Die „Selektive Reinforcer“ („Selektive Bestätiger“) wissen viel über ihren bevorzugten Kandidaten und kennen jene Argumente, die ihnen entsprechen. Sie machen rund 29 Prozent aus. Ihr politisches Interesse ist durchschnittlich. Rund zwei Drittel dieser Gruppe sind demnach Bush-Anhänger, ein Drittel unterstützt John Kerry. Die Contrarians („Konträre“) sind besser über die Positionen des Gegenkandidaten informiert als über die Kampagne des Kandidaten, den sie unterstützen. Sie informieren sich vor allem über Gegenargumente zu ihren eigenen Meinungen. Sie machen acht Prozent der Befragten aus. Die vierte Gruppe sind die politisch wenig Interessierten (Tuned Outs), die etwas mehr als ein Fünftel der Befragten ausmachen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich online über Politik informieren ist geringer als im Durchschnitt. Auch der Bildungsgrad dieser Gruppe ist im Schnitt geringer.

ZDNet.de Redaktion

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