Auf den ersten Blick ist „VM“ eines der vielen Kürzel der Informationstechnik. Doch die „Virtuelle Maschine“ (virtual machine) ist derzeit eines der wichtigsten Schlagworte der Computertechnik. Es stammt ursprünglich aus der Welt der Großrechner. Mit einer auf VM ausgerichteten Computerarchitektur versuchte IBM schon in den 70er Jahren seinen Kunden an den Terminals das Gefühl zu geben, sie arbeiten an ihrer eigenen Maschine. Im Zuge der Neuordnung der Serverlandschaft spielt VM nun auf allen Plattformen und damit in gemischten Serverumgebungen eine wichtige Rolle.
In der Welt der Rechner des so genannten Industriestandards – das sind Server mit Zentralprozessoren von Intel oder AMD als Herzstück an Bord – hat sich die Silicon Valley Firma VMware einen Namen als führender Anbieter von Virtualisierungs-Software für diese Plattform gemacht. Wie wichtig bereits die Virtualisierung von Standardsystemen geworden ist, zeigte sich auf der Kundenkonferenz VMWorld 2004 in San Diego.
Marktexperten und Industrieanalysten sehen derzeit in der Virtualisierung von Standard-Server und PCs eine der wichtigsten IT-Innovationen. Das Gros dieser Systeme wird derzeit für spezielle Anwendungen genutzt, die nur fünf bis 15 Prozent der jeweiligen Prozessorleistung in Anspruch nehmen. Virtuelle Infrastruktursoftware dagegen ermöglicht die völlige Entkopplung von Software und Hardware. Der gleichzeitige Einsatz mehrerer Betriebssysteme und Applikationen auf einem Desktop oder Server kann dagegen Hardware Ressourcen bis zu 80 Prozent ausschöpfen. In typischen Anwenderszenarien lassen sich bis zu 30 virtuelle Server auf einem physikalischen System konsolidieren. Weitere Pluspunkte der VM-Technologie sind erheblich niedrigere Betriebs- und Wartungskosten sowie ein wesentlich effizienteres System- und Sicherheitsmanagement.
Das VMware Gründerteam erkannte die Vorteile der VM-Technologie für Standardrechner bereits 1998. Stanford-Professor Mendel Rosenblum, seine Ehefrau Diane Greene und drei weitere Softwareentwickler wollten virtuelle Maschinentechnologie der Mainframe-Klasse für Standardcomputer bereitstellen. 1999 brachten sie ihr erstes Produkt, VMware Workstation, auf den Markt. Die Software ermöglicht den gleichzeitigen Einsatz mehrerer Betriebssysteme (Microsoft Windows, Linux und Novell Netware) auf einem Desktop. So lassen sich geschäftskritische Anwendungen auf mehreren Betriebssystemen entwickeln, gleichzeitig testen und einsetzen. Im Jahr 2001 folgten mit dem GSX- und ESX-Server Virtualisierungslösungen für Server, mit deren Hilfe sich hochskalierbare Maschinenplattformen in Datenzentren konsolidieren lassen. VMware bietet zudem mit Virtual Center eine Managementsoftware für die Steuerung und Verwaltung virtueller Infrastrukturen und mit dem Produkt Vmotion eine Lösung zur schnellen Neukonfiguration und Optimierung virtueller Ressourcen.
Der kalifornischen Softwareschmiede ist es gelungen, sich mit mehr als 2,5 Millionen Anwendern und über 5.500 Serverinstallationen sich als Marktführer für virtuelle Infrastruktursoftware zu etablieren. Im dritten Quartal 2004 erzielte VMware einen Rekordumsatz von 61 Millionen Dollar, ein Plus von über 200 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Im Neun-Monatszeitraum wurden 147 Millionen Dollar erwirtschaftet. VMware-President Diane Greene rechnet angesichts einer hohen Produktnachfrage mit Umsatzerlösen von 200 Millionen Dollar im Geschäftsjahr 2004.
Bis Ende 2004 werden rund fünf Prozent aller neu ausgelieferten x86-basierten Server mit Virtualisierungssoftware von VMware arbeiten, sagte Cheftechnologe Mendel Rosenblum in San Diego. Seine Prognose ist, dass in zwei Jahren bereits 20 Prozent aller ausgelieferten Server mit Virtualisierungssoftware arbeiten und im Jahr 2010 der Anteil auf 75 Prozent wachsen wird.
Die Firmenübernahme durch den Speicherhersteller EMC, die im Januar 2004 abgeschlossen wurde, habe die Arbeit mit Kunden und Partnern nicht verändert, bekräftigte Diane Greene auf der Konferenz. VMware arbeitet als unabhängige Softwareabteilung des Speicherspezialisten EMC. Rund 40 Prozent der 750 Mitarbeiter sind Entwickler. Zu den Partnern gehören die Serverhersteller IBM, HP, Dell, Fujitsu-Siemens, NEC und Unisys.
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