Das Walldorfer Softwarehaus SAP will künftig Teile seiner im eigenen Konzern eingesetzten Software nicht mehr selbst warten, sondern sucht dafür einen externen Dienstleister für Informationstechnik (IT) in Indien. Auch Teile der hauseigenen SAP-Systeme will SAP künftig nicht mehr selbst warten. „Wir sind derzeit dabei, mehrere Anbieter zu vergleichen“, bestätigte ein SAP-Sprecher die Pläne.
Insgesamt steht die Verlagerung von rund 200 Funktionen, wie Nutzerverwaltung und Anpassung (Updates) für einen Teil der Systeme an, die bislang von SAP-Mitarbeitern am Standort St. Leon Rot bei Walldorf gepflegt werden. Während SAP die Hardware weiter betreiben will, sollen indische Systemadministratoren künftig per Datenleitung Zugang zu den SAP-Systemen erhalten.
In der Summe gehe es bei der geplanten Auslagerung jedoch ausschließlich um nicht lebenswichtige Funktionen, betonte ein Sprecher des Konzerns. Um wie viel SAP die IT-Kosten durch das Vorhaben senken kann, will der Konzern im Hinblick auf die noch bevorstehenden Verhandlungen nicht bekannt geben.
Doch offensichtlich will SAP im kommenden Jahr noch einmal an die IT- und Verwaltungskosten heran. Nachdem die Walldorfer im vergangen Jahr die allgemeinen Verwaltungskosten noch um 12 Prozent auf 339 Millionen Euro senken konnten, stiegen sie in den ersten drei Quartalen 2004 wieder an.
Allerdings soll es im Zuge der Auslagerung zu keinen Entlassungen in Deutschland kommen. Direkt betroffen sind zunächst rund 70 Mitarbeiter, von denen die Mehrzahl innerhalb der IT-Abteilung der SAP Beratungsaufgaben übernehmen soll. Die restlichen Mitarbeiter führen den Betrieb der lebenswichtigen Anwendungen weiter, zu denen unter anderem die Systeme für die Softwareentwicklung gehören.
Der Schritt nach Indien ist laut SAP notwendig, „weil die Anforderungen der Abteilungen innerhalb der SAP an die eigene IT-Abteilung permanent steigen“ und mit dem vorhanden Personal nicht mehr zu bewältigen sind. Doch Neueinstellungen in Deutschland hätten unweigerlich auch zu höheren Kosten der IT geführt, die durch die Verlagerung in ein Billiglohnland wie Indien vermieden werden können.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die Experten für die Pflege der SAP-Systeme rund um die südindische Stadt Bangalore sitzen. Denn dort ist in den vergangenen Jahren eine IT-Auslagerungsindustrie entstanden, die mittlerweile 16 Mrd. Dollar pro Jahr umsetzt und rund 30 Prozent jährlich wächst.
An der Spitze der rund 400 Unternehmen zählenden indischen Outsourcingindustrie stehen dabei Unternehmen wie Wipro mit mittlerweile rund 13 000 Mitarbeitern und Infosys, Tata, oder Satyam. Doch auch der globale Branchenriese IBM hat sich mittlerweile eingekauft und betreibt in Neu-Delhi ein Call Center mit rund 6 000 Mitarbeitern. Bis 2008 könnte das Umsatzvolumen der indischen IT-Outsorcingindustrie auf bis zu 50 Mrd. Dollar Jahresumsatz wachsen, glaubt der indische Branchenverband Nasscom.
Die interne IT-Abteilung ist nicht der einzige Bereich, bei dem der Softwareriese derzeit nach Alternativen im Ausland sucht. So will SAP künftig auch bestimmte Aufgaben des Personal- und Finanzwesens in einem so genannten Shared-Service- Center nach Prag auslagern. Dazu gehören etwa Teile der Buchhaltung und der Gehaltsabrechnung.
Das neue Zentrum soll noch in der ersten Hälfte des kommenden Jahres den Betrieb aufnehmen. Die genaue Zahl der Mitarbeiter steht noch nicht fest. Von der Auslagerung in Walldorf sind jedoch entgegen Befürchtungen der IG-Metall weniger als 200 Mitarbeitern betroffen, deren Stellen nach Tschechien verlagert werden. Pro Jahr sind nach Angaben von SAP-Chef Henning Kagermann auch hier etwa weitere 70 Stellen betroffen.
„Das heißt aber nicht, dass es 70 Kündigungen gibt. SAP wird einen Teil der Mitarbeiter umschulen, ein Teil wird über die normale Fluktuation ausscheiden“, sagte der SAP-Vorstandschef dem Handelsblatt. Insgesamt habe SAP in anderen Bereichen 2004 bis zu 500 Mitarbeiter in Deutschland eingestellt.
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