Das Kurzwellenradio steht vor einer Renaissance. Sender wie BBC, RTL, der Bayerische Rundfunk oder die Deutsche Welle arbeiten emsig am digitalen Kurzwellenfunk. Die neue Technik des „Digital Radio Mondiale“ (DRM) verspricht Kurzwellenempfang in Stereo und UKW-Qualität.
„2005 ist das Startjahr für DRM“, sagt der technische Direktor der Deutschen Welle und Vorsitzende des internationalen DRM-Konsortiums, Peter Senger. Zur Internationalen Funkausstellung (Ifa) in Berlin werden Anfang September die ersten tragbaren Empfänger erwartet, zu Preisen von 150 bis 250 Euro und zum Teil auch schon mit dem heutigen digitalen Rundfunk („Digital Audio Broadcasting“ – DAB) kombiniert. Denkbar ist auch die Entwicklung von PC-Karten mit integriertem Empfang für das digitale terrestrische Fernsehen (DVB-T). Und dann gibt es auch schon Überlegungen, ein Handy mit dem digitalen Kurzwellenrundfunk zu entwickeln.
Bislang war der digitale Rundfunk vor allem vom „Digital Audio Broadcasting“ besetzt, das schon seit mehr als drei Jahren im UKW-Bereich auf Sendung ist, aber in Deutschland immer noch auf seinen Durchbruch wartet. Während hier bisher allenfalls 80.000 DAB-Empfänger verkauft wurden, sind es in Großbritannien schon mehr als eine Million. Dort gibt es preiswerte Geräte und attraktive Programme von BBC, die nur über DAB zu empfangen sind.
Bei DRM sollen die Fehler von DAB nicht wiederholt werden. Erste Sendungen mit digitaler Kurzwelle befinden sich bei der Deutschen Welle bereits im Testbetrieb. Ab September soll es dann ein reguläres, neu zusammengestelltes Programm geben, das auf Deutsch und Englisch in ganz Europa empfangen werden kann – bis kurz vor Moskau, wie Senger im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP erklärt. In diesem Monat beginnt auch ein Test mit der parallelen Übertragung von Nachrichtensendungen in vier Sprachen auf einem Übertragungskanal.
Anders als bei der analogen Kurzwelle vorher wird mit der digitalen Technik auch der Musikempfang zum Genuss. Damit werden neue Sendungen für klassische Musik oder Jazz möglich, die sich an ein festes Liebhaber-Publikum richten. Ein weiterer Vorteil: Der DRM-Empfang ist auch unterwegs im Radio möglich. Er habe im Auto schon über hunderte Kilometer den gleichen DRM-Sender gehört, sagt Senger.
Der DRM-Sender überträgt aber nicht nur Klang, sondern auch Textinformationen, die auf einem Display des Empfängergeräts dargestellt werden. Während bei DAB ein digitaler Datenstrom von 1,5 Megabit pro Sekunde übertragen wird – was auch Daten- und Multimediadienste bis hin zum Video-Empfang ermöglicht -, kommt DRM Dank dem so genannten Audio-Coding- Verfahren, die hauptsächlich von der schwedisch-deutschen Firma Coding Technologies entwickelt wurden, mit weniger als 25 Kilobit pro Sekunde je Stereokanal aus. Für den ergänzenden Text sind etwa 80 Bits pro Sekunde reserviert. Die Deutsche Welle testet die Textübertragung mit Sendungen, bei denen die Informationen aus dem eigenen Internet-Angebot mit übertragen werden.
Eine Schwäche des DRM-Empfangs sind heute jedoch noch Unterbrechungen bei einer zu niedrigen Empfangsqualität oder auf Grund von Störungen durch Abstrahlungen elektrischer Geräte. Eine entscheidende Verbesserung verspricht sich Senger hier vom Gleichwellenbetrieb, bei dem mehrere Sender mit der gleichen Sendefrequenz zusammengeschaltet werden. Auf der IFA soll es erstmals auch Geräte geben, die die Signale von zwei verschiedenen Frequenzen eines Senders aufnehmen und zu einem einzigen Signal verbinden.
Bei den Frequenzen beschränkt sich der DRM-Standard bislang auf den Bereich bis 30 Megahertz und damit auf die klassischen Kurzwellenbänder sowie auf die Mittel- und Langwelle. Das internationale DRM-Konsortium will aber auf seiner Jahreshauptversammlung im Frühling darüber entscheiden, ob der Frequenzbereich auf 120 Megahertz ausgeweitet werden soll. Damit könnte auch der UKW-Bereich abgedeckt werden. Interessant wäre dies vor allem für Entwicklungsländer, die noch keine eigene UKW- Technik aufgebaut haben.
Bei der Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) in den Ballungsgebieten wurde die analoge Übertragungstechnik von einem Tag zum anderen abgestellt. Beim digitalen Radio wird dies länger dauern. Das DRM-Konsortium erwartet bis Ende 2006 in Europa eine Million DRM-Empfänger und täglich 700 Programmstunden von DRM-Sendern. Bis Ende 2008 sollen es vier Millionen Geräte und 1 600 Sendestunden sein. Schon aus Kostengründen könnte danach eine Abschaltung des analogen Sendebetriebs erwogen werden, sagt Senger. „Die Chancen für eine Ablösung des analogen Rundfunks sind groß.“
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