Der AOL-Gründer Steve Case gibt sich selbst die Hauptschuld für das Scheitern der Fusion mit dem US-Medienriesen Time Warner. Zwei Tage nach dem fünften Geburtstag des Deals sprach er offen über die Gründe, die für einen der wohl größten Misserfolge der Wirtschaftsgeschichte verantwortlich waren.
„Rückblickend war ich nicht der Richtige, um Chairman eines Unternehmens mit 90.000 Mitarbeitern zu sein“, sagte Case während einer Veranstaltung im Computer History Museum in Mountain View, Kalifornien. Case musste auf die harte Tour lernen, dass Time Warner offenbar Probleme damit hatte, von AOL-Leuten geführt zu werden. Der Traum vom Medienriesen mit starkem Internet-Engagement endete in kleinkarierten Grabenkämpfen.
Viele der Probleme seien auch durch verfehltes Timing und schlechte Umsetzung entstanden. Die Auswirkungen der zusammenbrechenden US-Börse erreichten das Unternehmen mit Verzögerungen erst Ende 2001. Aufgrund katastrophaler Ertragsaussichten kündigten damals CEO Gerald Levin und COO Bob Pittman ihren Rückzug an. Case selbst hängte seinen Job als Chairman im Januar 2003 an den Nagel.
„Aus irgendeinem Grund, teils kulturell bedingt, teils durch den sinkenden Aktienkurs, hatten die Leute keine Lust mehr“, so Case. „Die Fusion war meine Idee. Wenn sie also auf irgendjemanden wütend sein wollen, bin ich derjenige, der es verdient hat.“
AOL war im Jahr 2000 der erfolgreichste Anbieter von Internet-Zugängen per Modem, für das herannahende Breitband-Zeitalter aber schlecht gerüstet. Time Warner war mit seinen Kabelnetzen eigentlich der ideale Partner, um diesen Wechsel erfolgreich zu realisieren. Doch es kam anders.
In den vergangenen zwei Jahren haben fast vier Millionen Mitglieder dem Dienst den Rücken gekehrt, viele sind zu lokalen Breitband-Anbietern abgewandert. Time Warner vermarktet lieber den eigenen Breitband-ISP Road Runner anstatt das ebenfalls zum Konzern gehörende AOL. Case lebt inzwischen überwiegend auf Hawaii.
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