Auch wenn vieles zu Beginn vor allem Marketing gewesen ist: Oracle hat Know-how für Internet, Open Source und vor allem für Software-Entwicklung aufgebaut – schon um immer wieder rasch auf neue Moden aufspringen zu können. So hat das Unternehmen das in den vergangenen Jahren desavouierte i (für Internet) hinter der Versionsnummer der Datenbank nur ein g ersetzt, das für den Grid-Hype steht.
Im Datenbank-Boom der 80er und frühen 90er Jahre profitierte Oracle von den heterogenen Landschaften der Anwender. Das Unternehmen besetzte rasch jede Plattform und konnte so nach und nach eine unternehmensweite Datenhaltung garantieren und sich an die Spitze des Datenbankmarktes vorschieben. Big Blue als Erfinder der heute allgegenwärtigen SQL-Datenbanken kümmerte sich anfangs fast nur um den Mainframe und – aus Mitleid mit den PC-Kollegen – ein wenig um OS/2. Unix-Spezialist Informix zeigte auf dem Mainframe, bei Windows und anderen proprietären Plattformen Lücken, und ging im Eifer für seine multimediale Datenbanktechnik unter. Sybase dagegen verließ sich auf seine performante Technik und ignorierte arrogant die Anforderungen (row-level-locking) der Applikationsanbieter, die angefangen hatten, den Datenbankern ihren neuen Platz als Infrastrukturanbieter zuzuweisen.
Um sich nicht von SAP, Peoplesoft und Co. gängeln zu lassen, wichen sie auf lockende Neuentwicklungen aus. Trends wie Data-Warehousing, Universal Databases (für Multimedia-Daten), Verteilte Datenhaltung, Datenbank-basierte Quick-and-Dirty-Entwicklung von Windows-Frontends und Massenmarkt versprechende Lean-Versionen für PCs und Laptops ließen vergessen, dass Datenbanken kein eigenständiger Markt mehr waren, sondern nur über Lösungen zu verkaufen waren. Nur Oracle versuchte sich zudem mit „Financials“ im ERP-Geschäft, mit Erfolg in den USA, nicht aber diesseits des großen Teichs.
Oracle war schon damals groß genug um überall mitzuspielen, oder zumindest so zu tun – mit Fortüne. Bald waren Oracle-Datenbanken die erste Wahl für SAPs R/3 und Internet Application Server. Dem Ende der Datenbank als strategisches System folgte der Aufstieg der Datenbank als Plattform für Anwendungen.
Das Geschäftsmodell war simpel: Es beruhte auf Technologie-Marketing. Oracle hat viele Projekte mit lauten Fanfaren angekündigt und dann diejenigen fortgeführt, für die es ernsthafte Kunden gab. Doch Technologie ist ein gefährliches Pflaster, besonders wenn man seine großmundigen Versprechen nicht immer einhalten kann. Doch überholt wurde dieses Geschäftsmodell durch das Platzen der Dotcom-Blase. Dass die Kurse vorübergehend in den Keller gingen, war weniger schlimm als der nachhaltige psychologische Wandel, der sich bei den Anwendern einstellte. Plötzlich wollte es nicht mehr gelingen, die Augen der IT-Beschaffer mit Rekordwerten und zukunftsträchtigen Technologien zum Glänzen zu bringen.
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