Eine neuartige Suchmaschine, die dreidimensionale Formen miteinander vergleichen kann, verhindert kostspielige Doppelentwicklungen. Mit dem Programm können Konstrukteure erstmals quasi per Tastendruck prüfen, ob ein Bauteil, das für ein neues Produkt benötigt wird, bereits vorhanden ist oder ob es tatsächlich neu entwickelt werden muss. Die Software, die vom Softwarehersteller sd&m in München entwickelt wurde, scannt die Konstruktionsdatenbanken und erzeugt von jedem 3D-Modell einen geometrischen Fingerabdruck. Dazu analysiert die Suchmaschine die Bauteile, extrahiert automatisch charakteristische Merkmale und vergleicht diese mit den Informationen in der Datenbank. „So werden selbst die unterschiedlichsten Formen miteinander vergleichbar“, sagt Kai Grambow, Vorstand bei sd&m.
Geolus – so der Name des Programms – sei das einzige Suchprogramm, das Suchfunktionen für dreidimensionale Strukturen in Bauteildatenbanken besitzt, bestätigt Suchmaschinen-Experte Claus-Peter Rückemann vom Rechenzentrum der Universität Hannover. Bisherige Programme, die ähnlich wie Google nur Boole´sche Algebra und Suchwörter als Werkzeuge haben, sind bei der Suche nach geometrischen Kriterien hoffnungslos überfordert.
Daher beschreiben Ingenieure heute noch ihre Konstruktionen umständlich mit technischen Parametern und ordnen sie in Objektbibliotheken ein, um Bauteile in der Datenbank wieder zu finden. Tippfehler, falsche Datierungen, unterschiedliche Nomenklaturen, Typennummer und Produktdatenformate erschweren aber das Finden.
„Unnötige Teilehaltung ist eines der teuersten Hobbys, das man sich leisten kann“, sagt Ulrich Sälzer, Director IT Commercial Vehicles Development bei Daimler-Chrysler in Stuttgart. Um Doppelentwicklungen zu vermeiden, müssen die LKW-Bauer bei Daimler-Chrysler jedoch nicht nur die eigenen Teilebestände durchforsten, Mergers wie zum Beispiel mit dem US-Nutzfahrzeughersteller Freightliner und dem japanischen LKW-Anbieter Mitsubishi Fuso Truck and Bus Corporation oder die Fusion zwischen Daimler und Chrysler hatten auch zur Folge, dass zu den mehreren Millionen Bauteilen der Stuttgarter Millionen weitere Konstruktionen hinzugekommen sind. „Die Mercedes-Teile kennen wir. Aber die Bestände von Fuso, Detroit Diesel oder Freightliner wollen wir natürlich zusätzlich erschließen und mit unseren Teilebeständen zusammen bringen“, sagt Sälzer.
Bislang wurden alle entwickelten Teile beispielsweise an Hand von Länge, Breite, Höhe, Winkelgraden oder Bohrungen charakterisiert und in Datenbanken eingetragen – ein schon wegen der Menge der Bauteile schwieriges Verfahren. Ein typischer Lastwagen setzt sich aus rund 10 000 Teilen zusammen. „Der Nachteil war, dass oft erst nach der Entwicklung deutlich wurde, wie sehr ein neues Teil einem bereits vorhandenen ähnelt, da es erst dann in den Datenbanken erfasst wurde“, sagt Sälzer.
Während eines Pilotprojekts testeten Sälzer und sein Team die neue Suchtechnologie ein halbes Jahr lang anhand von 5000 Teilen. Schon nach einer Woche haben die Ingenieure in diesem Bestand drei nahezu exakt gleiche Teile gefunden. Im Zuge des Projekts definierten das Stuttgarter Team 81 Parameter, wie zum Beispiel den Massenschwerpunkt eines Teiles, um die Suchsoftware für die Anforderungen des LKW-Baus zuzuschneiden. Heute merken die Ingenieure schon während der ersten Konstruktionsschritte am Computer, ob es das Teil, an dem sie gerade arbeiten, bereits im Konzern gibt.
Neben den Ingenieuren gehören auch Controller zu den mehr als 1000 Anwendern der 3-D-Suche. Sie nutzen das Programm für die Vorkalkulation von Fahrzeugen, die in Zukunft entwickelt werden sollen. Allerdings hat auch die geometrische 3-D-Suche ihre Grenzen – etwa, wenn es um komplexere Fahrzeugbauteile wie eine Lichtmaschine geht. „Neben der Länge, Größe und Breite muss ich zum Beispiel auch wissen, welche Kilowattleistung sie liefert“, sagt Sälzer. Diese Information ist nicht Bestandteil der Geometrie und wird daher nicht von dem Programm gefunden.
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