Marktstudie: Call Center steigen auf VoIP um

Voice over IP spielt bei Call und Contact Centern nach einer aktuellen Marktanalyse des Stuttgarter IT-Dienstleisters Nextiraone eine immer größere Rolle. „Schon in diesem Jahr planen viele größere Unternehmen und die meisten Call Center den Umstieg von der klassischen Telefonie auf Voice over IP. Ganz vorne mit dabei ist Deutschland. Gerade Vieltelefonierer profitieren naturgemäß von einem solchen Umstieg“, skizziert Nextiraone-Geschäftsführer Helmut Reisinger zur bevorstehenden „Call Center World“ in Berlin wichtige Trends der Branche.

Die Call Center sitzen oftmals in Ländern mit niedrigem Lohnniveau und müssen die nationalen Gespräche international weiter verbinden. „Was aber bei herkömmlichen Telefonleitungen unbezahlbar wäre, erledigt ein VoIP-Gateway zu einem Bruchteil der Kosten. Dabei werden Gespräche zu einer Hotlinenummer etwa in Deutschland als Voice over IP über eine Standleitung in die Service-Abteilung in Istanbul, Dublin, Bangkok oder Bangalore geschickt. Neben preiswerten Gesprächen rund um den Globus bietet VoIP zahlreiche Zusatzmöglichkeiten, die der klassischen Telefonie bislang fehlen, darunter Mail-Anbindung, automatisierter Zugriff auf die Anrufer-Datenbank oder gleichzeitige Fernwartung eines PCs über das Internet“, sagt Reisinger.

Auch die Auswahl des richtigen Kommunikationskanals spiele eine größere Rolle, wenn es um die Umverteilung des Telefonvolumens zugunsten anderer Medien gehe. Nextiraone sieht hier mehrere Entwicklungen: „Die Multichannel-Kommunikation soll Kunden die Wahl zwischen möglichst vielen Kommunikationswegen lassen und damit die Erreichbarkeit und die Kundenzufriedenheit erhöhen. In Multichannel-Contact-Centern können die Agenten an multifunktionalen Arbeitsplätzen über unterschiedliche Kommunikationskanäle mit den Endkunden kommunizieren. Per Text-Chat, Call-Back-Button oder Voice-over-IP sprechen die Agenten etwa mit den Online shoppenden Kunden. Per Co-Browsing kann der Agent gemeinsam mit dem Kunden surfen und ihm beratend zur Seite stehen. Soll Multichannel-Marketing effizient sein, muss es allerdings für Zielgruppen den jeweils geeigneten Kanal bereitstellen, der optimale Kontaktkosten bringt. In der Praxis werden die Möglichkeiten des Multichannel-Marketing noch nicht immer optimal genutzt“, bemerkt Reisinger. In der Realität nutzten Auftraggeber die Kompetenzen der Contact Center oft noch nicht wirklich aus. Viele Contact Center arbeiteten lediglich zu 20 bis 35 Prozent in der Kundengewinnung, zu 50 bis 60 Prozent in der Kundenbetreuung und zu zehn bis 20 Prozent in sonstigen Kommunikationsphasen.

Das Medium Telefon habe dabei nach wie vor den größten Anteil am Kommunikationsmix, sei aber auch der teuerste Kanal. „Der Trend geht daher dahin, ein rentableres Handling für bestimmte Aufgaben zu finden. Hier geht es immer um ein Abwägen von Kosten gegen die Möglichkeiten, den direkten Dialog mit dem Kunden etwa für Cross-Selling zu nutzen. Customer Selfcare wird bei bestimmten Aufgaben zunehmend eingesetzt, sei es Adressänderungen oder Tarifwechsel. Die Kommunikations- und Vermarktungsstrategie des Auftraggebers entscheidet über den bestgeeigneten Kommunikationskanal“, sagt Reisinger.

Die Implementierung eines „Welcome Boards“ sei eine weitere erprobte Methode, um Kunden alternative Kommunikationswege aufzuzeigen. Speziell trainierte Mitarbeiter (Customer Service Professionals) schlagen alternative Lösungsmöglichkeiten zum telefonischen Support vor – beispielsweise birgt die Hilfe zur Selbsthilfe via Internet in diesem Zusammenhang ein enormes Wachstumspotenzial. „Marktstudien besagen, dass sich der Nutzungsgrad des Internet in Europa von 17 Prozent im Jahre 1999 auf geschätzte 43 Prozent im Jahr 2005 erhöhen wird. Aus diesem und aus Gründen der Kosteneffizienz kommt deshalb diesem Kommunikationsmedium die höchste Präferenz zu“, erläutert Reisinger.

Enorme Wachstumsraten erwartet Nextiraone beim Einsatz von Spracherkennungssystemen in Contact und Call Centern. „Beläuft sich der Umsatz heute auf rund 540 Mio. Dollar, so ist für 2007 mit rund 1,6 Milliarden Dollar zu rechnen. Nachdem Spracherkennungssysteme einige Jahre eher experimentellen Charakter als tatsächliche Bedeutung in der Anwendung hatten, gab es in den vergangenen zwei Jahren sehr positive Innovationen. Schon die durchschnittliche Rechenleistung und Ausstattung eines handelsüblichen PC reicht mittlerweile aus, um mit einer professionellen Spracherkennungssoftware akzeptable Ergebnisse zu liefern. Selbst die Erfassung von Fachtexten etwa in baden-württembergischen Gerichten erfolgt schon über Spracherkennungssysteme. Möglich wird dies nicht dadurch, dass die eingesetzten Systeme einen sehr großen Grundwortschatz haben, sondern darüber hinaus auch trainierbar und lernfähig sind. Die Anwendung ist speziell zugeschnitten auf die Workflow- und Wortschatz-Anforderungen für die Rechts- und Justizverwaltung. Diktate und Niederschriften von Audio-Aufzeichnungen gehören somit der Vergangenheit an“, betont Reisinger.

Die Spracherkennung sei aber nur eine – wenn auch wesentliche – Komponente einer automatisierten Sprachanwendung. Die aktuellen Systeme ermöglichten es, bestehende Anwendungen, die noch über Agenten in Contact Centern oder über Web-Schnittstellen laufen, mit reinen Sprachschnittstellen auszustatten. Typische Anwendungen von solchen Sprachportalen seien im Telefon-Banking, im Customer Self-Service und auch bei Mobilfunkanwendungen zu finden. „Gerade Umgebungen, die dem Benutzer kaum Möglichkeiten geben, etwas anderes als seine Stimme einzusetzen, sind auf automatisierte Sprachsysteme angewiesen“, führt Reisinger aus. Der Einsatz von Sprachdialogsystemen biete enorme Potenziale um Kosten zu senken, Prozesse zu optimieren und Agenten von Standard-Tätigkeiten zu befreien, die man dann für höherwertigere Arbeiten einsetzen könne.

ZDNet bietet zum Thema VoIP ein umfangreiches Special an. Den VoIP-Service von Web.de hat ZDNet außerdem ausführlich getestet.

ZDNet.de Redaktion

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