Microsoft will Google und Yahoo abdrängen

Microsofts Marktforscher glauben, Googles entscheidende Schwachstelle ausgemacht zu haben: zu viele Internetseiten als Suchergebnis. Sie wollen in ihr System deshalb weitere Filter einbauen. Bill Gates beschönigte nichts. „Wir waren saublöd“, klärte der Microsoft-Gründer jüngst das Rätsel, warum der Softwarekonzern trotz seines riesigen Forschungsbudgets so spät eine eigene Internetsuchmaschine entwickelte. „Die Google-Jungs haben uns mächtig in den Hintern getreten“, hatte Gates zuvor schon eingeräumt. Mit seiner 1998 gestarteten Suchmaschine MSN Search liegt Microsoft weltweit nur auf Platz drei – weit hinter Branchenprimus Google und Vize Yahoo.

Jetzt schlägt Microsoft zurück. Eine intern entwickelte Technik soll die hauseigene Suchmaschine nach vorn katapultieren. Als „schnell, aktuell und präzise“ preist Microsofts Internetchef Yusuf Mehdi das in knapp zwei Jahren mit Entwicklungskosten von rund 100 Millionen Dollar gezüchtete Hausgewächs, das fünf Milliarden Internetseiten katalogisiert. Seit dem 1. Februar ersetzt es den bisherigen Zulieferer Yahoo in strategisch wichtigsten Märkten wie Deutschland. „Jetzt halten wir endlich die Schlüssel zu unserem eigenen Haus in der Hand“, jubelt Microsoft-Produktmanager Justin Osmer.

Doch kann die hauseigene Technik Microsofts Rückstand wettmachen? Droht eine Neuauflage des berüchtigten Browser-Kriegs von Ende der Neunzigerjahre, als Microsoft die Silicon-Valley-Legende Netscape in den Ruin trieb und dafür als Monopolist gebrandmarkt wurde? Bis dahin dominierte Netscape mit seinem Browser scheinbar uneinholbar das Internet.

Doch anders als im Fall Netscape kann Microsoft den Rivalen Google mit seiner Windows-Macht nicht unter Druck setzen – zumindest noch nicht. Googles Internetsuchmaschine ist für alle zugänglich, unabhängig von Betriebssystem und Browser.

Diesmal geht es um Leistung pur. Wer hat die beste und am einfachsten zu bedienende Suchmaschine? „Momentan ist das ganz klar Google“, meint Internetexpertin Charlene Li vom Marktforschungsunternehmen Forrester Research. Zumindest zum Start präsentiert sich MSN Search noch nicht besser als die Konkurrenz. Bei gängigen Anfragen wie „Schiedsrichterskandal“ liefern die drei Großen nahezu identische Links. Erst bei spezielleren Themen wie der Recherche nach einer nanotechnischen Methode, mit der sich brennbare Fasern vor Feuer schützen, lassen, gibt es deutliche Unterschiede. Nach der Eingabe von „Nano AND Feuer“ wird man bei Yahoo am besten bedient. Auf Platz zwei folgt Google. Microsoft bietet erst im zweiten Dutzend einen brauchbaren Link an.

Nichtsdestotrotz spotet Gates: „Die heutigen Suchmaschinen sind dumm. Sie können nur raten, was der Nutzer will.“ Beispielsweise ob es sich beim Suchbegriff Jaguar um das Tier, das Auto oder Software handelt. Tatsächlich ist das Ergebnis höchst autolastig. Die Raubkatze kommt zunächst gar nicht vor.

Microsofts Marktforscher glauben, Googles entscheidende Schwachstelle ausgemacht zu haben: zu viele Internetseiten als Suchergebnis. Zwar schafft Google das Kunststück, durch die Analyse der Popularität von Web-Seiten die Angebote mit den relevantesten Informationen herauszufiltern. Doch zwischen ihnen wuchern wie Unkraut nutzlose Links. Oft stammen sie von Webseiten-Betreibern, die ihre Angebote durch Manipulationen unter die ersten 20 Suchergebnisse schieben. Microsoft-Manager Osmer behauptet, dass sein Suchalgorithmus besser jätet und vor allem Web-Seiten mit gleichartigen Informationen effektiver zusammenfasst.

Microsoft filtert die Suchergebnisse zusätzlich nach dem Standort des Nutzers. Die Information dafür entnimmt die Suchmaschine dem Internet-Browser. Sie lässt sich allerdings auch individuell einstellen. Frankophile etwa lassen sich bevorzugt Seiten aus Frankreich anzeigen. Microsoft reichert die Suchergebnisse mit zusätzlichen Informationen aus dem Fundus des hauseigenen Lexikons Encarta an. Beim Suchbegriff Seattle beispielsweise liefert Microsoft eine komplette Abhandlung über die Metropole im pazifischen Nordwesten inklusive Fotos, Karten und Links zu örtlichen Medien, Rathaus sowie Tourismusbüro. Doch solch redaktioneller Inhalt ist teuer. Microsoft hat deshalb den Zugang zeitlich begrenzt. Wer mehr will, muss zahlen.

In Erwartung der Microsoft-Attacke führte Google schon bisher alle paar Wochen einen neuen Service ein. So gibt es in den USA mittlerweile eine lokale Version von Google. Sie listet in einer Art Branchenbuch örtliche Anbieter inklusive Anfahrtskizze – auf Anhieb eine der meistgenutzten Funktionen. „Google Local wird stärker frequentiert als unser Einkaufsführer Froogle“, sagt Produktmanagerin Marissa Mayer.

Jetzt rüstet sich Google für das so genannte unsichtbare Internet, bei dem die Suchmaschine die Rolle eines Assistenten übernimmt, der aus allen denkbaren Quellen schöpft und diese schriftlich oder mündlich via Handy, PDA oder Computer verfügbar macht.

Yahoo gibt sich derweil alle Mühe, Google auf den Fersen zu bleiben und sich gleichzeitig nicht von Microsoft überholen zu lassen. Sicherstellen soll das eine pfiffige neue Suchtechnik, die am vergangenen Donnerstag in den USA in den Testbetrieb ging. Y!Q analysiert vom Leser aufgerufene Internetseiten und bietet Links zu ähnlichen Themen an. Wer sich beispielsweise über den Ausgang der Wahlen im Irak informieren will, erhält Zusatzinformationen zu Parteien und dem Wahlprozess angeboten.

Mehr noch: Wer maßgeschneiderte Informationen benötigt, markiert die Suchworte einfach direkt in der gewählten Web-Seite. Zum Terroristen Al-Zahawri offeriert Yahoo beispielsweise den FBI-Steckbrief, ein Profil aus dem Online-Lexikon Wikipedia und eine Dokumentation der BBC.

Ersonnen hat Y!Q der gebürtige Deutsche Reiner Kraft. Der Suchmaschinenexperte und Rekord-Patenthalter des Silicon Valley wurde vor neun Monaten von seinem damaligen Arbeitgeber IBM abgeworben. Seitdem hat er an seinem Yahoo-Baby gebastelt. Die Idee ist raffiniert. Denn Y!Q stülpt sich per Klick mithilfe einer Zusatzsoftware über jede andere Suchmaschine. Wer also via Google oder MSN Search einen Begriff sucht und dann die Y!Q-Funktion wählt, wird einfach zur Suchmaschine von Yahoo umgeleitet.

ZDNet.de Redaktion

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