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Einsam stöckelt Carly Fiorina davon

Irgendwie klingt das ungerecht. In den fünfeinhalb Jahren hat die gerade erst fünfzigjährige Managerin mehr durchgestanden als die meisten ihrer Kollegen. Es sei daran erinnert, dass sie die Compaq-Übernahme in Angriff nahm, als sich viele Megamerger aus der Zeit der eben geplatzten Dotcom-Blase als unrentabel erwiesen. Und als ob es nicht genug gewesen wäre, dass mit den Internet-Firmen solvente Kundenschichten sowohl von HP als auch von Compaq wegbrachen, da stürzten die Attentate vom 11. September 2001 – eine Woche nach der Ankündigung des Mergers – die US-Wirtschaft noch tiefer in die Krise.

In der Folge wurde sie von allen Seiten bestürmt. Fast die gesamte Analysten-Branche stellte sich gegen den Deal. Nicht zu Unrecht legten die Marktbeobachter den Finger auf das größte Problem: das unlukrative und wenig zukunftsträchtige PC-Geschäft. Falsch war aber, ihr nicht zuzuhören, wenn Fiorina von einer HP-Zukunft als Service-Anbieter a la IBM sprach und von den Synergieeffekten eines Konzerns, der Lösungen vom Handheld-Gerät bis zum Highend-Rechenzentrum bieten konnte.

Heldin in stürmischen Zeiten

Rasche Erfolge mussten her, um den Kurssturz der Aktie zu bremsen. Trotz freiwilligen Gehaltsverzicht hatten dafür die Mitarbeiter zu bluten. Massenentlassungen sorgten für eine Kostenstruktur, die die Börse ein wenig besänftigte – auf denkbar niedrigem Niveau. Doch die Übernahmewirren hielten an. Konzernerbe Walter Hewlett trug seinen Teil dazu bei, dass das Unternehmen nicht zur Ruhe kam.

Fiorina hielt durch. Um Compaq und HP zu verschmelzen verordnete sie dem Unternehmen eine neue Ideologie: „Adaptive Enterprise“. New HP, so die Vision, sollte ein Unternehmen werden, das flexibel auf die sich stets verändernden Bedürfnisse der Anwenderunternehmen eingehen kann. Es ist kein Zufall, dass gerade der noch recht neue Service-Bereich zum Fahnenträger dieses Konzepts wurde. Tatsächlich gelang es HP nach und nach, prestigeträchtige Outsourcing-Kunden für sich zu gewinnen. Intern hat die Chefin die unübersichtlich reiche Produktpalette fürs erste geordnet. Die große Zahl interner Bereiche wurde auf zuletzt drei Kernsäulen reduziert: Services, Serversysteme inklusive Speicher sowie die eben erst vereinten Bereiche PC und Drucker. Eine derartige Straffung hat Fiorina im Management sicher ähnlich dauerhafte Feinde geschaffen, wie die Entlassungen im Rest der Belegschaft. Sie mag dabei autokratisch und arrogant vorgegangen sein, aber nach stürmischen Jahren steht HP – abgesehen vom Aktienkurs – besser da als bei ihrem Amtsantritt.

Rückblende: Lew Platt holte die junge Managerin vor fünfeinhalb Jahren an Bord, um das Unternehmen von Grund auf umzukrempeln. Er hatte erkannt, dass eine neue Zeit angebrochen war, in der nicht mehr Erfinder, sondern Geschäftsleute das IT-Geschäft bestimmen, nicht mehr Techniken, sondern Marktpositionierungen. Platt verkaufte die erfolgreiche Medizin-Technik und fokussierte den Konzern damit auf IT. Er gab die eigene Chip-Entwicklung zugunsten der 64-Bit-Architektur von Intel auf, und ersparte seinem Unternehmen damit die teure RISC-Entwicklung, der – so fürchtete er – nur ein ruinöser Preiskrieg mit IBM, Sun und vor allem Intel folgen würde. Vor allem aber zwang er HP, sich künftig jenseits von Hardware zu profilieren. Für Fiorina hieß das: Ihr Vorgänger hatte unwiderruflich mit der Vergangenheit gebrochen, ihr aber keinen Weg in die Zukunft gewiesen. Fiorina hat ihren Weg und den für HP gefunden. Der Konzern steht immer noch an der Weltspitze. Insofern ist es ungerecht, wenn Analysten so wenige Jahre nach dem Compaq-Merger zweistellige Wachstumsraten vermissen.

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ZDNet.de Redaktion

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