Nach den eher depressiven Vorjahren stimmte diesmal die Atmosphäre: Wohlig drängelte sich der Messeprofi durch die Mengen, drückte im Pulk von Neugierigen den Amateurrennfahrern am Intel-Stand (Halle 2) die Daumen und ließ sich umgeben von dunklen Anzügen die neuesten Business-Intelligence-Trends (Halle 3) erklären. Für einen Cappuccino in Microsofts Multi-Media-Café reichte leider die Zeit nicht. Draußen fielen derweil die letzten Schneeflocken (Mittwoch), strahlte der Himmel (Donnerstag) oder peitschte eiskalter Regen über das Gelände (Freitag), kurz: die CeBIT ist wieder sie selbst. Alle Selbstzweifel der vergangenen Jahre scheinen vergessen.
Stimmungsbilder
Auch die Messebauer bewiesen Fantasie. Licht-Design war dieses Jahr die große Mode. Das halbtransparent Siemens-Ufo in Halle 1 erinnerte an das neue Münchner Fussballstadion; gänzlich durchsichtig leuchten hellgrün die Plexiglas-Quadrate des Easysoft-Stands in Halle 4, während bei Big Blue Neonröhren wie tausend Lichtschwerter aus dem „Krieg der Sterne“ von der nachtschwarzen Decke hingen. Bei O2 wandeln die Besucher dafür unter 30.000 blauen Lichtpunkten, die sich wie eine Welle über den Stand wölben. Weniger einfallsreich, aber immer noch erfolgreich, haben viele Hersteller schnelle Autos (vom Mini bis zum Formel-1-Boliden) als Blickfang auf ihre Stände platziert.
Das Siemens-UFO |
Ist es E-Government oder Technologie-Werbung? Selten traten so viele Politiker aller Couleur in Pressekonferenzen auf, von Kanzler Gerhard Schröder über den bayerischen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (der sich freut, dass Novell die Linux-Entwicklung in Nürnberg belässt) bis hin zu Hessens Ministerpräsidenten Roland Koch und besonders wichtig Innenminister Otto Schily, der gemeinsam mit Franz Beckenbauer die Web-Site der Bundesregierung zur Fußball-Weltmeisterschaft (wm2006.deutschland.de) eröffnete. Anbieter vermeldeten Kooperationen mit verschiedensten Bundesländern, die wiederum fast komplett mit eigenen Ständen vertreten waren. In Hannover hätte man den Eindruck bekommen können, dass Bund und Länder zu den Technologietreibern Deutschlands zählen.
Miesmacher
Das sieht der IT- und TK-Branchenverband Bitkom allerdings ganz anders. Wie von ihm gewohnt, prügelt der scheidende Verbandspräsident Willi Berchthold auch in diesem Jahr auf die Bundesregierung ein. Urheberrechtsabgaben, längere Abschreibungsfristen, Rundfunkgebühren auf Internet-Empfänger etc. gelten ihm lediglich als Begehrlichkeiten der Behörden, die seinen Mitgliedsfirmen das Wachstum von 3,4 Prozent für 2005 nicht gönnen wollen. Sein Credo seit Jahren: „Soll sich der Staat doch um seine originären Angelegenheiten kümmern“. Damit meint er in diesem Jahr Bildungspolitik und wie immer schon, die finanzielle Unterstützung der Bitkom-Mitglieder mit lukrativen Staatsaufträgen. Konkret soll die Regierung Großprojekte wie die Gesundheitskarte oder den biometrischen Personalausweis vorantreiben, weil sie, so Berchthold bedauernd, „ohne öffentliche Hand nun einmal nicht laufen“. Außerdem wiederholte er die Bitkom-Forderung, Innovation ähnlich wie den Umweltschutz als Staatsziel im Grundgesetz zu verankern. Ein Schuft, wem dabei sofort die Bitkom-Clientel einfällt
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