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Novell: „Der Software-Markt wird in Zukunft komplett Open Source“

ZDNet: Können Sie uns einige Referenzkunden nennen, die sie neu an Land gezogen haben?

Seibt: Absolut. Ein neuer Vorzeigekunde ist die mittelständische ARS Altmann AG, ein Logistiker der Automobilindustrie. Sein komplettes System basiert nun auf Suse Linux. Andere neue Kunden siedeln etwa in der Telekommunikationsindustrie.

ZDNet: Damit sind wir schon wieder im deutschen Markt. Red Hat Deutschland-Geschäftsführer Werner Knoblich erklärte, seit der Übernahme von Suse durch Novell würde sein Geschäft besser laufen denn je.

Seibt: Wir sehen dagegen, dass Red Hat signifikante Marktanteile verloren hat. Denken Sie nur an die Deutsche Bahn und welches Linux die jetzt konzernweit einführen. Das ist kein Red Hat Linux! Große Red Hat-Kunden denken aktuell darüber nach, zu uns zu kommen, weil sie bereits Novell-Kunden sind und daher einen gültigen Support-Vertrag auch mit Suse haben. Zusätzlich weisen wir einen klaren Performance-Vorteil auf, so dass wir Kunden gewinnen konnten. Bei denen sind wir gerade in der Implementierungsphase, oft wollen die entsprechenden Unternehmen nicht genannt werden, weil ihnen der Rummel einfach zu groß ist. Unterm Strich bleibt aber: Ich sehe das genau umgekehrt wie Knoblich.

ZDNet: Allerdings kann Red Hat mit einem konkreten Beispiel aufwarten, nämlich der Stadt Wien. Diese migriert auf Red Hat Linux.

Seibt: Die Stadt Wien verfügt über 16.000 Arbeitsplätze, davon sind 8000 Linux-geeignet. Davon wiederum sind 4500 in der Planung, nach Linux migriert zu werden.

ZDNet: Wir reden jetzt nur über die Clients?

Seibt: Ja, ich spreche von den Clients. Die Entscheidung für die Clients ist in keiner Weise gefallen, wir sind in den Diskussionen mit der Stadt Wien selbstverständlich dabei. Wenn wir über die Server sprechen, dann ist die Stadt Wien seit etwa zehn Jahren ein Open Source-Nutzer. Damals haben die mit Free BSD angefangen, und auch heute noch laufen viele der Server darunter. Ein anderer Teil der Installation wurde bereits vor Jahren mit so genannten Point-Releases von Red Hat ausgestattet. Red Hat hat aber angekündigt, dass sie diese nicht weiter supporten. Deren Vertrag mit der Stadt Wien besteht also nur darin, dass Red Hat die Server weiterhin pflegt, die die Stadt bereits vor Jahren angeschafft hat. Von einem Gewinn kann also in keinster Weise die Rede sein. Es handelt sich lediglich um einen Anschlussvertrag über einige wenige Server.

ZDNet: Und wie gestaltet sich nun das Ringen um München? Auch da will Red Hat noch im Rennen sein.

Seibt: In München sind wir in der entscheidenden Phase. Alle unsere Partner haben abgegeben, jetzt trifft die Stadt ihre Wahl. Das ist ein schwieriger Prozess, die Stadt legt großen Wert darauf, dass alles nach Recht und Gesetz vor sich geht, gerade bei der Ausschreibung. Daher gibt es keinerlei Kontakte zur Stadt – das würde als Einflussnahme interpretiert. Also halten wir uns peinlichst genau an die Anforderungen. Aber wir sind sehr zuversichtlich, dass unsere Partner der Stadt helfen werden.

ZDNet: Der Löwenanteil Ihres Geschäfts ist das Ersetzen von Solaris-Installationen. Laut Auskunft von Sun verliert man aber nur im Bereich der Web-Server, alle anderen Server-Bereiche würden vom Linux-Boom nicht betroffen. Wie werden sie in den kommenden Monaten und Jahren in der Hauptsache Umsätze generieren?

Seibt: Der Erfolg von Linux lässt sich nicht nur am Verdrängen von Solaris festmachen. Das ist ein Teil des Geschäftes, weil es sich um eine teure und proprietäre Plattform handelt. Allerdings handelt es sich dabei nicht um einen Löwenanteil. Ich denke, das gesamte Unix-Umfeld – das trifft auf AIX genauso zu wie auf HP Unix – besteht aus zu teuren Plattformen. Die Kunden können sich ausrechnen, dass eine Migration auf Linux sehr einfach ist, da die Systeme doch sehr verwandt sind. AMD beziehungsweise Intel-basierte Systeme plus Linux sind zudem einfach billiger und genauso stabil.

Dass Sun nun Solaris teilweise Open Source gemacht hat, bedeutet ja noch lange nicht, dass das auch von der Open Source-Community aufgegriffen wird. Der entscheidende Vorteil dieser Community ist doch, dass sich viele an der Weiterentwicklung beteiligen. Und sie wird sich meinem Dafürhalten nach nicht an der Weiterentwicklung von etwas beteiligen, dass nur einer Firma zugute kommt. Wenn man sich Mailinglisten und ähnliches ansieht, dann muss man das Offenlegen des Quelltextes von Solaris als Misserfolg bezeichnen.

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ZDNet.de Redaktion

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