In der Öffentlichkeit hat sich der neue Infineon-Chef Wolfgang Ziebart bislang zurück gehalten. Aussagen über die Zukunft des ins Schlingern geratenen Chipkonzerns blieben Mangelware. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Ziebart aber schon im Herbst intern Klartext geredet und seinen Top-Managern hohe Ziele gesetzt.
Von der Öffentlichkeit weitgehend unbeachtet hat der frühere BMW-Vorstand seine knapp 500 obersten Führungskräften auf vier Punkte eingeschworen. Die Eckpfeiler seiner Pläne: Infineon werde künftig nur noch profitabel wachsen. Wachstum um den Preis hoher Verluste wie in der Vergangenheit werde es nicht mehr geben. Darüber hinaus müsse Infineon im Tagesgeschäft besser werden. Dass der Konzern bei Technologien wie im Speicherbereich hinterherhinke, will Ziebart zukünftig nicht mehr akzeptieren.
Dazu kommt ein verstärkter Kundenfokus und eine kooperativere Zusammenarbeit in dem Unternehmen. Gerade die Kooperation habe es unter dem früheren Chef Ulrich Schumacher kaum mehr gegeben, heißt es. So soll auch ein Zerwürfnis mit den anderen Vorständen für dessen plötzlichen Abgang verantwortlich gewesen sein.
Fast genau ein Jahr nach dem plötzlichen Abgang des ehemaligen Infineon-Chefs Ulrich Schumacher – der langjährige Vorstandsvorsitzende musste am 25. März 2004 seinen Hut nehmen – steht Europas größter Halbleiterproduzent mitten in einem tiefgreifenden Umbruch. Ziebart, seit Anfang September im Amt, versucht seither zwar immer wieder, die Erwartungen von Analysten, Anlegern und Medien zu dämpfen. „Versprechen sie sich keine spektakulären Aktionen“, sagte er jüngst in München. Wichtigste Aufgabe sei es jetzt, in dem Konzern die „Verlustquellen zu stopfen“.
Doch was sich so einfach anhört, führt zu heftigen Einschnitten im Unternehmen. Ziebart ist dabei, den viertgrößten Chipanbieter weltweit in vielen Bereichen umzukrempeln, weil Infineon deutlich weniger Gewinn macht als viele seiner Wettbewerber.
Ziebart hat seinen Worten, Verlustquellen zu schließen, schnell Tagen folgen lassen. Die Venture-Capital-Tochter hat er inzwischen abgestoßen, der hoch defizitäre Glasfaserbereich ist verkauft, das veraltete Werk in Perlach wird geschlossen. Mehrere hundert Mitarbeiter müssen gehen. Zudem wurde die Organisationsstruktur des Konzerns umgebaut. „Ziebart ist trotz seiner nach außen zurückhaltenden Art nicht zu unterschätzen“, heißt es deshalb in dem Unternehmen.
Den Aktienkurs haben die Maßnahmen bislang nicht nach oben getrieben. Im Gegenteil: Seit Schumachers Abgang ist das Papier eingebrochen. Vor Jahresfrist lag die Aktie noch bei rund elf Euro, gestern notierte der Wert bei etwa 7,30 Euro. Auch im Vergleich zum Euro Stoxx 50 schnitt Infineon schlecht ab. Zudem empfehlen viele Analysten, das Papier zu verkaufen und geben zu bedenken, dass die niedrigen Speicherchip-Preise den Konzern belasten. Die Speichersparte erwirtschaftet rund 40 Prozent des Umsatzes. „Erst im Frühsommer werde sich das Umfeld zum Positiven wenden“, urteilt die Hypo-Vereinsbank.
Gegenwind kommt auch von den Gewerkschaften. In München und Berlin gingen die Leute in den vergangenen Wochen auf die Straße, um gegen den Jobabbau zu demonstrieren. „Wir bleiben hier“, skandierten 700 Mitarbeiter des von der Schließung bedrohten Werks in Perlach jüngst auf einer nach Angaben der IG Metall „sehr lebhaften“ Betriebsversammlung. Ironie des Schicksals: Ziebarts Vorgänger Schumacher war bei der IG Metall wegen seiner markigen Sprüche so verhasst, dass bei seinem Rauswurf die Sektkorken der knallten. Die wesentlich härtere Gangart fährt nun aber Ziebart.
Dass dieser nachgibt und die Fabrik in Perlach erhalten bleibt, ist nicht zu erwarten. Vielmehr ist mit weiteren Einschnitten zu rechnen. In der Problem-Sparte drahtlose Kommunikation kündigte Ziebart bereits Kürzungen an: „Es ist nicht sinnvoll in großer Breite tätig zu sein.“ Auch die defizitäre drahtgebundene Kommunikation wird zurecht gestutzt. Unterstützung vom Chipmarkt ist 2005 kaum zu erwarten. Die Analysten rechnen mit weltweit stagnierenden Umsätzen.
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