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Dell: Schwaches Geschäft in Deutschland

Es sollte wie ein ganz harmonischer Wechsel aussehen. Streit? Erfolglosigkeit? Kursschwenk? Ach was, doch nicht beim weltgrößten PC-Hersteller, der Gewinn- und Wachstumsmaschine Dell aus Texas. Überraschend trat Mathias Schädel Anfang Februar als Deutschlandchef von Dell zurück – aber nur, „um sich neuen Herausforderungen zu stellen“, wie Dell beim Abschied offiziell versicherte. „Das war ein länger geplanter Managementwechsel“, legte Dells Europachef Paul Bell nach. Und selbst Konzernchef Kevin Rollins wurde nicht müde zu betonen, er sei mit dem Abschneiden seiner Untergebenen in Deutschland zufrieden: „Dell ist der einzige profitable Computerhersteller in Deutschland.“

Doch auf dem alten Kontinent, vor allem im größten Markt Deutschland, tritt Dell seit Jahren auf der Stelle. Zwar brachte der geschasste Deutschland-Chef Schädel in den fünf Jahren seiner Ägide Ruhe in das einst von Führungskrisen geschüttelte deutsche Geschäft. Als er im April 2000 den hiesigen Chefposten übernahm, war er nach den erfolglosen Vorgängern Hans-Jürgen Mammitzsch, Uwe Mottner und Edmund Bernardi der vierte Geschäftsführer innerhalb von nur zwei Jahren. Doch der Marktanteil im deutschen PC-Geschäft ist noch immer spärlich – was für Dell besonders bitter ist: Schließlich steuert die PC-Sparte trotz des Einstiegs von Dell in neue Märkte wie das Druckergeschäft weltweit immer noch 40 Prozent zum Umsatz bei.

Bei Schädels Amtsantritt rangierte Dell in Deutschland mit rund vier Prozent auf Rang fünf. Auf demselben Platz liegt der Weltmarktführer immer noch – auch wenn Schädel den Anteil auf sieben Prozent steigerte. Von seinem Anfang 2003 lautstark verkündeten Ziel, „in drei bis fünf Jahren die Nummer eins“ zu sein, ist Dell heute so weit entfernt wie ehedem. Deutscher Marktführer ist Fuji-tsu Siemens, gefolgt vom Aldi-Partner Medion und HP. Rollins macht dafür die Kampfpreise der Konkurrenz verantwortlich, die Dell nicht mitmache, um seine Marge nicht zu beschädigen.

Verkehrte Welt – ist der PC-Hersteller doch in den USA für seine Preisschlachten berüchtigt. Doch in Deutschland versagt Dells berühmtes Direktmodell. Privatleute kaufen ihren Laptop lieber im Media Markt, bei Lidl oder Aldi, als ihn auf der Dell-Web-Seite zusammenzubasteln und auf den Kurier zu warten. Unternehmen stützen sich auf langjährige Verkäufer von Fujitsu Siemens oder Systemhäuser wie Bechtle – Vertriebspartner, mit denen Dell nichts zu tun haben will. Sie passen nicht in die ultraeffektive Hausphilosophie und erst recht nichts ins Geschäftsmodell.

Rollins schiebt den Rückstand auf schlechtes Marketing. Das soll jetzt ein ausgewiesener Experte richten. Der seit Februar amtierende Dell-Deutschlandchef Alain Bandle diente schon beim Konsumgüterriesen Procter & Gamble und kennt sich als ehemaliger Geschäftsführer von HP und Veba-Telekommunikationsvorstand auch im Unternehmensgeschäft hervorragend aus. Sein Führungsstil bei Dell Schweiz überzeugte Rollins. Weil die Deutschen im Gegensatz zu den Amerikanern pingelig bei Beratung, Reparatur und Garantieleistungen sind, bekommt Bandle ein brandneues Call- und Servicecenter in Halle an der Saale zur Seite gestellt – zusätzlich zu dem in Langen bei Frankfurt. „Dort wollen wir mit neuen Mitarbeitern den Direktvertrieb ankurbeln“, sagt Rollins. Allein dieser Standort sorgt für 500 bis 1000 neue Jobs.

Deutschland ist auch im Rennen um ein zweites europäisches PC-Werk neben Limerick in Irland, mit dem Dell die Märkte in Mittel- und Osteuropa erschließen will. Die Standortauswahl will Rollins laut internen Kreisen bis Ende dieses Jahres abschließen. Fällt die Entscheidung für eine Fabrik in Deutschland, könnte Dell insgesamt sogar bis zu 2000 neue Arbeitsplätze plus Jobs bei Zuliefern schaffen.

Die neue Deutschland-Initative ist eine einschneidende Kurskorrektur. Dell stützt seinen Erfolg bisher vor allem auf den direkten Vertrieb unter Umgehung von Händlern und eine besonders effiziente Produktion. Dell verkauft Arbeitsplatzrechner, Notebooks und Server ausschließlich via Telefon und Internet. Die Gewinnspanne des Handels kann Dell selbst einstreichen oder an die Kunden weiterreichen. Die Geräte baut der Direktversender durch eine ausgefeilte Logistikanbindung seiner Zulieferer erst auf Bestellung. Das wiederum macht die Vorhaltung von IT-Komponenten weit gehend überflüssig. Nach eigenen Angaben lagert Dell Bauteile wie etwa Prozessoren oder Flachbildschirme maximal 72 Stunden lang. Weiterer Vorteil: Dell kann den Preisverfall der Komponenten zeitnah an die Kunden weitergeben, statt auf Grund der Lagerung Wertberichtigungsverluste in Kauf zu nehmen.

Kundendienst und andere Dienstleistungen spielten dagegen lange Zeit eine untergeordnete Rolle bei Dell. Noch Anfang 2003 strich der damalige Deutschlandchef Schädel rund ein Viertel aller hiesigen Stellen und verlagerte einen Teil der telefonischen Kundenbetreuung ins slowakische Bratislava. Schon damals monierte der Betriebsrat in Dells Deutschlandzentrale in Langen, dass das Know-how der Mitarbeiter sowie die Nähe zum Kunden „einem vagen Kostenvorteil“ geopfert würden. In der Folge mehrten sich Gerüchte über Qualitätsprobleme infolge der Verlagerung.

Der Aufbau des Service-Centers in Halle ist nun das klammheimliche Eingeständnis, dass Dell mehr tun muss als einfach nur eine Web-Seite anzubieten, auf der Kunden ihren Wunschcomputer bestellen können – wenigstens in Deutschland, Dells Problemmarkt Nummer eins.

ZDNet.de Redaktion

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