Allgemein bekannt ist inzwischen, dass es sich bei Schnäppchenjägern nicht unbedingt um Bedürftige handeln muss. Die Geiz-ist-geil-Unkultur hat auch unter wohlhabenden Mitbürgern Anhänger gefunden. Ungewöhnlich ist jedoch, dass sie sich auf teuren Anwenderkonferenzen outen, wie das kürzlich auf der Jahrestagung der deutschen Sektion der IBM-User-Group Guide Share Europe (GSE) geschah. Ihr gehören vor allem Großanwender an, und es ist noch nicht lange her, dass in diesen exklusiven Club nur eintreten durfte, wer die Gerätenummer eines Mainframes in das Aufnahmeformular eintragen konnte.
In diese Veranstaltung hatte sich ein offensichtlich mittelständisch orientierter Dienstleister für Security-Management und Speicherkonsolidierung verirrt. Dem leicht werblichen Vortrag folgte die gierige Frage aus dem Publikum: „Ist die zweitägige Vorbereitungsphase kostenlos?“ Selbst die routinierte Entgegnung der Referentin, dass man über eine Verrechnung dieser Leistung reden könne, sofern ein Auftrag zustande komme, hielt den Zuhörer nicht davon ab, weiter mit ihr vor versammelten Publikum über ein günstiges Angebot zu verhandeln. Verhalten sich so RZ-Leiter von Großunternehmen?
Zweites Erlebnis: Aufgabe einer User-Group ist es, die Interessen der Mitglieder gegenüber dem Hersteller wahrzunehmen. So wurde in diesem Jahr ein Streit beigelegt, bei dem es darum ging, dass die GSE Deutschland gerne von der IBM neue, eigene Software zur Eingabe ihrer Verbesserungswünsche bekommen hätte. Mit nachvollziehbaren (aber hier zu weitschweifigen) Gründen wehrten sich die Anwender gegen den Vorschlag des IT-Konzerns, sich der Software zu bedienen, in die auch die anderen europäische GSE-Sektionen ihre Wünsche einpflegen. Auf den Gedanken, das Programm selbst zu zahlen kamen die deutschen GSE-Mitglieder aber offensichtlich nicht. Sind deutsche Konzerne tatsächlich so geil auf Geiz oder war die Crème de la Crème der deutschen IBM-Kunden vielleicht doch nicht in Bad Honnef?
Tatsächlich kamen nur wenige hochrangige RZ-Leiter. Der Grund: Man hatte schlicht vergessen sie einzuladen. In der Folge stürzte die Teilnehmerzahl von 300 im Vorjahr auf rund 100 in diesem Jahr ab. Teilgenommen hat überwiegend technisches IT-Personal, das enttäuscht über die Oberflächlichkeit strategischer Vorträgen klagte, die eigentlich für ihre Chefs konzipiert waren.
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