Programmierbare Chips, steuern Flachbildschirme und Airbags, verarbeiten Daten aus der seismischen Erforschung von Öl- und Gasvorhaben und helfen beim Design von Industrieprodukten. Doch trotz der vielfältigen Anwendungen für so genannte FPGA-Chips fristen sie mehr als ein Jahrzehnt nach ihrer Entwicklung nach wie vor ein Nischendasein als wenig bekannte Alternative zu herkömmlichen Mikroprozessoren.
Das will eine schottische Allianz aus dem führenden Entwickler von FPGA-Chips, der US-Firma Xilinx Inc., mehreren Beratungs- und Ingenieurfirmen, schottischen Wirtschaftsförderern und wissenschaftlichen Instituten jetzt ändern. Sie kündigte in Edinburgh an, einen neuartigen Rechner mit den programmierbaren Chips zu bauen, der 200 mal so schnell arbeitet wie ein herkömmlicher PC. Eine Billion Rechenoperationen per Sekunde soll das Gerät verarbeiten können – also eine Leistung von einem Teraflop haben. Das Supercomputer-Zentrum EPCC der Universität Edinburgh wird das neue System betreiben.
In dem Rechenzentrum steht schon der Supercomputer „HPCx“. Der FPGA-Rechner werde zwar nicht an die Leistung dieses Supercomputers mit herkömmlicher Technik herankommen, räumt EPCC-Leiter Mark Parsons ein. Dafür werde er aber mit weniger Prozessoren eine größere Leistung erzielen. So benötige der „HPCx“ beispielsweise 1600 Prozessoren, um auf eine Leistung von sechs Teraflops zu kommen. Der neue FPGA-Supercomputer hingegen werde mit 64 Prozessoren auskommen. Damit benötige er auch nur Bruchteile des Platzes und der Energie. Während herkömmliche Spitzenrechner zweistellige Millionen-Euro-Summen kosten, werde das neue Gerät für einige Hunderttausend Euro zu bauen sein.
Der neue Rechner bietet also mehr Leistung mit weniger Aufwand. In Lösungen für die Industrie hat das Beratungsunternehmen Nallatech – ebenfalls Mitglied der Allianz – gezeigt, was das bedeuten kann. So hat Nallatech einem Ölunternehmen einen FPGA-Server geliefert, der einen Cluster aus 64 Computern ersetzt. Das Unternehmen hat nun einer Fallstudie von Nallatech zufolge eine leicht transportable Lösung für die Suche nach Ölvorkommen, die nur einen kleinen Bruchteil der bisherigen Betriebskosten verursache.
Ein weiterer Vorteil ist, dass die programmierbaren Chips vielseitig einsetzbar sind. Das will das schottische Bündnis demonstrieren, in dem es auf dem Rechner Anwendungen für ganz unterschiedliche Bereiche wie Bildverarbeitung, Biotechnologie und Rüstungstechnik testen wird. Philipp Slusallek, Professor an der Universität des Saarlands, glaubt zudem, dass die FPGA-Technologie der Computerspiele-Industrie mit ungeahnter Geschwindigkeit und täuschend echter Grafik zu einem weiteren Qualitätssprung verhelfen könnte.
Heute spielen FPGA-Chips schon unbemerkt als „embedded chips“ – als eingebaute Prozessoren – in der Unterhaltungselektronik, Autos oder Haushaltsgeräten eine große Rolle . Der Halbleiter-Hersteller Infineon zum Beispiel integriert nach Angaben eines Sprechers FPGA-Elemente in Mikrocontroller, die Airbags steuern. Die programmierbaren Chips dienten dazu, Standardprodukte für spezifische Anwendungen zu individualisieren.
„Preiswerte FPGAs zu Preisen von weniger als 20 Dollar gewinnen derzeit enorm an Bedeutung“, sagt Bryan Lewis, Analyst der Marktforschungsfirma Gartner. Der Markt für FPGA-Chips werde sich von knapp 3,3 Mrd. Dollar im laufenden Jahr bis 2010 mehr als verdoppeln. Die Kommunikationstechnik sei dabei das wichtigste Einsatzfeld, doch industrielle Anwendungen wüchsen am schnellsten.
Die schottische Allianz sagt dem FPGA-Chip eine noch rosigere Zukunft voraus. Sie sieht den Chip als Konkurrent zu Prozessoren von Intel. Er werde die absehbaren Grenzen ständig steigender Computerleistungen überwinden, heißt es. Unabhängige Brancheninsider sind da vorsichtiger. Die Bedeutung des FPGA-Chips werde zwar wachsen, er sei aber eher Ergänzung als Konkurrenz für herkömmliche Mikroprozessoren. Als Co-Prozessor könne er spezielle Aufgaben übernehmen, zum Beispiel die Verschlüsselung von Daten. PCs mit FPGA-Chips seien dagegen nicht in Sicht.
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