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ST Microelectronics greift auf dem japanischen Markt an

Der zweitgrößte europäische Halbleiterhersteller wagt sich in die Höhle des Löwen. „Wir wollen in Japan angreifen“, sagte Carlo Bozotti, der neue Chef von ST Microelectronics (STM), im Gespräch mit dem Handelsblatt. Auf dem Heimatmarkt einiger seiner größten Konkurrenten sei STM momentan noch viel zu schwach vertreten, begründete Bozotti den Vorstoß. In Japan erzielte STM im abgelaufenen ersten Quartal nur vier Prozent seines Umsatzes. Der Anteil der Insel am Weltmarkt liege jedoch bei etwa 20 Prozent, sagte Bozotti. Der Chef des französisch-italienischen Unternehmens kündigte deshalb an, künftig mehr Produkte speziell für den japanischen Markt zu entwickeln. Dies könne alleine, in Zusammenarbeit mit Kunden, aber auch gemeinsam mit Konkurrenten geschehen.

STM ist dringend darauf angewiesen, sich neue Märkte zu erschließen, denn das angestammte Geschäft läuft längst nicht mehr so rund wie in den vergangenen Jahren. Im ersten Quartal musste die Firma mit Hauptsitz in Genf sogar einen hohen operativen Verlust von 68 Mill. Dollar hinnehmen. Der Umsatz fiel im Vergleich zum Vorquartal um mehr als zehn Prozent auf 2,08 Milliarden Dollar.

Dem Unternehmen macht vor allem zu schaffen, dass der größte Teil seiner Werke in Europa steht. Durch den schwachen Dollar sind die Chips aus europäischer Fertigung auf dem vom Dollar dominierten Weltmarkt verhältnismäßig teuer. Bozotti: „Durch den Euro haben wir viel an Wettbewerbsfähigkeit verloren. Weil auch das Wachstum unserer Branche in diesem Frühjahr dramatisch zurück ging, kamen wir kräftig unter Druck.“

Nach einem Umsatzplus von mehr als einem Viertel im Jahr 2004 schrumpfte der Chipmarkt im ersten Quartal weltweit um rund drei Prozent. Bozotti kündigte deshalb, unmittelbar nachdem er im April Chef von STM wurde, einen umfassenden Stellenabbau an. 2300 Mitarbeiter in Europa müssen gehen; dafür gibt es neue Jobs in Asien. Zudem richtet STM die Forschung und Entwicklung neu aus.

Die Offensive in Japan wird für STM jedoch nicht einfach werden. Drei der zehn größten Chiphersteller der Welt kommen aus Japan und haben schon alleine deshalb lange gewachsene Beziehungen mit den dortigen Kunden. Dazu kommt, dass Chips für japanische Handys extra entwickelt werden müssen. Saturo Ito, Chef des japanischen Konkurrenten Renesas, bestätigt dies: „Japan hat gerade im Mobilfunk viele eigene Standards, die es anderswo nicht gibt. Das gibt uns einen Vorteil auf unserem Heimatmarkt.“

Neben dem Mobilfunk will STM vor allem bei den japanischen Autoherstellern wie Toyota neue Aufträge ergattern. Die KFZ-Branche und die Mobilfunkanbieter sind die wichtigsten Kunden von STM. Zum Jahresauftakt zeigten sich die japanischen Chiphersteller in deutlich besserer Form als die drei großen europäischen Hersteller STM, Infineon und Philips. Renesas verbuchte nach Angaben der Marktforscher von I-Suppli ein Umsatzplus von zehn Prozent und wuchs damit stärker als alle anderen führenden Anbieter; Toshiba legte um fast neun Prozent zu. Die Europäer verloren demgegenüber kräftig.

Dass sich die drei größten europäischen Wettbewerber zusammenschließen werden, um im globalen Wettbewerb besser zu bestehen, glaubt STM-Chef Bozotti dennoch nicht. „Eine Partnerschaft mit einem asiatischen Anbieter wäre viel sinnvoller“, betonte der Manager. Damit könnte das Unternehmen seine Position auf dem Wachstumsmarkt Asien ausbauen. Einen ersten Schritt hat STM bereits gemacht: Zusammen mit dem koreanischen Wettbewerber Hynix baut die Firma eine Chipfabrik in China. Branchenbeobachter kritisieren allerdings, dass STM mit seinem Asienengagement den anderen Produzenten hinterherhinke. So verfügt Infineon durch verschiedene Partnerschaften über mehr Kapazitäten in China und Taiwan.

ZDNet.de Redaktion

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