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Klage von AMD könnte sich auf Arbeitsplätze in Deutschland auswirken

Zur Marktforschung braucht AMD-Vorstandschef Hector Ruiz nur die Straße zu überqueren. Direkt neben der Zentrale des Chipherstellers im kalifornischen Sunnyvale befindet sich der größte Markt von Fry´s Electronic – ein riesiger Elektronik-Spielzeugladen für Silicon Valley Programmierer, Gründer und Unternehmenschefs. Intel-Gründer Gordon Moore wurde hier schon gesichtet. Die Google-Schöpfer Larry Page und Sergey Brin kaufte ihre ersten Rechner bei Fry´s. „Natürlich haben wir Computer mit AMD-Chips“, sagt der Verkäufer und deutet auf einen Kistenstapel. „Aber die Leute fragen eher nach Intel.“ Und dass, obwohl an diesem Juliwochenende ein Sonderposten von Computern mit AMDs Sempron Prozessor zum Preis von nur 149 Dollar verschleudert wird.

Doch Ruiz hat keine Zeit, Fry´s zu besuchen. Seit der gebürtige Mexikaner in den USA und Japan Monopolklagen gegen den übermächtigen Konkurrenten Intel angestrengt hat, hängt er fast nur noch am Telefon. Seine Aufgabe: Topmanager aus PC-Industrie und Handel zur Aussage gegen Intel zu gewinnen und Beweise zu sichern. Die Liste ist wie das „Who is who“ der PC-Branche – von HPs Ex-Chefin Carly Fiorina und ihrem Ex-Kompagnon Michael Capellas, Dell-Aufsichtsratschef Michael Dell und Dell-CEO Kevin Rollins – den treusten Intel-Verbündeten – bis hin zu AMD-Verbündeten wie Sun-Chef Scott McNealy. Der Prozess soll klären, ob Intel mit seiner Marktmacht und seinem gewaltigen Marketingbudget AMD unfair ausgebremst hat, beispielsweise bei Media Markt und Aldi. Hat der heutige Intel-Aufsichtsratschef Craig Barrett tatsächlich Acer-Gründer Stan Shih höchstpersönlich in die Mangel genommen, als der zusätzlich AMD-Prozessoren ins Programm nahm, wie die Klageschrift behauptet?

Bei Intel, nur zwei Highwayabfahrten von AMD entfernt, ist man stocksauer. Vor allem die AMD-Anzeigenkampagne mit dem Motto „Break free“ ist dem Vorstand übel aufgestoßen – Intel erscheint darin wie ein Tyrann, der die PC-Branche beutelt. „Spekulationen“ und „Ausreden für Erfolgsmangel“ empört sich Intel-Chef Paul Otellini.

Doch eine gewisse Schadenfreude lässt sich im Silicon Valley nicht verhehlen. Ruiz ist in der Branche als hart arbeitender, grundehrlicher Manager geachtet. Seit er den AMD-Chefposten vom schillernd-skurilen Vorgänger Jerry Sanders übernahm, hat er den Prozessorhersteller zum Technologieführer getrimmt. Momentan hält AMD die meisten Geschwindigkeitsrekorde, ebnete mit seinen Athlons und Opterons den Weg zu den 64 Bit Prozessoren der nächsten Generation, stattet seinen Opteron-Chip bereits mit zwei Herzen aus. Doch der Wettbewerb gegen Intel ist wie der Wettlauf von Hase gegen Igel. Wo immer Geschwindigkeits-Champion AMD auftaucht, ist Intel wie der Igel schon „all hier.“ Zwar hat AMD leicht Marktanteile gewonnen, doch nur auf niedrigem Niveau. Laut Marktforscher Mercury Research dominierte Intel den Markt für Computerprozessoren im ersten Quartal mit satten 81,7 Prozent gegenüber AMDs 16,9 Prozent. Im lukrativen und wachstumsstarken Notebookgeschäft konnte AMD auf zehn Prozent zulegen, doch Intel hält in dem Segment fast neunzig Prozent.

Jetzt sollen Gerichte klären, ob Intel mit Einschüchterung und Marketingdollars seine Dominanz sichert. Branchenbeobachter erhoffen sich vor allem seltene Einblicke in die Geschäftsbeziehung zwischen Intel und dem PC-Weltmarktführer Dell. Mehrfach hatte Dell-Vorstandschef Kevin Rollins AMD-Produkte gelobt und sie dann doch nicht ins Programm genommen. Pikant: Im AMD-Aufsichtsrat sitzt seit Februar der ehemalige Dell-Manager Mort Topfer, ein enger Vertrauter und Mentor von Dell-Gründer Michael Dell. Obwohl Dell eng mit Intel verbündet ist, hat der PC-Hersteller kein Interesse am Scheitern AMDs, der einzigen sinnvollen Alternative zu Intel. Doch momentan sind Intels-Konditionen einfach zu gut, dass Dell sie einfach aufs Spiel setzen würde.

Die Klage gegen Intel ist riskant für AMD. In den vergangenen zehn Jahren hat Intel rund 57 Milliarden Dollar Profit erzielt, AMD hingegen rund eine halbe Milliarde Dollar verloren. Letzlich geht es um die Frage, ob es überhaupt Sinn macht, gegen Intel anzutreten. Wird das verneint, dürfte es Ruiz schwerfallen, künftige Investitionen in Produktionsanlagen zu rechtfertigen. Heute kostet eine moderne Chipfabrik rund zwei Milliarden Dollar, bis 2010 sollen es schon zehn Milliarden Dollar sein.

Am Ausgang des Verfahrens hängen deshalb auch deutsche Arbeitsplätze. Intel beschäftigt weltweit 85000 Mitarbeiter, aber nur 450 in Deutschland. AMD hat hingegen – mit staatlichen Milliardenzuschüssen versüßt – seine gesamte Fertigung ins Dresdner Elbtal verlagert, beschäftigt derzeit 2500 Mitarbeiter, 16 Prozent seiner Belegschaft. Weitere 500 Jobs sind bis Ende 2007 geplant. Ruiz erwägt sogar den Bau einer dritten Fabrik, will darüber bis zum Sommer 2006 entscheiden. Bislang nahmen die Chiphersteller die hohen Lohnkosten in Kauf, wenn die Qualität und Logistik stimmte, vor allem aber die Rechtssicherheit für ihre Milliarden-Investitionen. Intel fertigt vorwiegend in den USA. Doch das kann sich ändern, zumal der asiatische Markt das meiste Wachstumspotential bietet. Bei der Bundesregierung hat AMD bereits einen Antrag auf Ausfuhr von im Elbtal entwickelter Produktionstechnik gestellt. Erhalten soll sie der Auftragsfertiger Chartered Semiconductor Manufacturing, der mehrheitlich dem Stadtstaat Singapur gehört.

ZDNet.de Redaktion

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