Tiscali baut eigenes DSL-Netz auf

Der italienische Internet-Zugangsanbieter Tiscali will in Deutschland in eine eigene DSL-Infrastruktur investieren. Bis Ende des Jahres will das Unternehmen dafür zunächst rund 60 Leitungsknotenpunkte im Großraum Frankfurt mit eigener Technologie ausstatten. In etwa drei Jahren wolle Tiscali in der Lage sein, etwa die Hälfte der deutschen Bevölkerung mit seinem Netz abzudecken, sagte Carl Mühlner, Chef von Tiscali Deutschland, im Gespräch mit dem „Handelsblatt“.

Künftig will Tiscali zudem Sprachtelefonie anbieten und dafür möglicherweise mit der spanischen Telefónica oder dem US-Telekomkonzern MCI kooperieren. „Die Verhandlungen laufen noch“, sagte Mühlner. Tiscali betreibt in Deutschland einen so genannten Backbone, eine Überlandleitung, die die Netzknotenpunkte in den großen Städten verbindet. Von dort aus werden die Daten über das Netz der Deutschen Telekom weitergeleitet. Tiscali muss diese so genannte letzte Meile zum Kunden für jeweils 10,65 Euro pro Monat von der Telekom mieten. Der Ausbau der Leitungsknotenpunkte erfordert erhebliche Investitionen, die einen Finanzierungsbedarf „im mittleren zweistelligen Millionenbereich“ mit sich brächten, sagt Mühlner.

„Die Investition lohnt sich nur, wenn Tiscali schnell neue Kunden gewinnt“, sagt Marcus Sander, Analyst beim Bankhaus Sal. Oppenheim. Vor allem im hart umkämpften Frankfurter Markt und anderen großen Städten sei dies aber schwierig. Für Gesellschaften wie Arcor, Hansenet, Versatel und eben auch Tiscali lohnt sich der Aufbau eines eigenen DSL-Netzes bisher nur in Regionen, in denen sie mit einer Infrastrukturinvestition möglichst viele Kunden erreichen – also meist nur in den großen Städten.

„Der deutsche DSL-Markt hat sehr viel Potenzial“, glaubt Tiscali-Chef Mühlner dennoch. Dieses wolle man mit der Investition in die eigene Infrastruktur nun erschließen. Bis 2007 soll Tiscali laut den Planungen des Konzerns seinen Marktanteil in Deutschland von vier auf acht Prozent steigern. Marktforscher schätzen, dass die Zahl der DSL-Anschlüsse in Deutschland von heute rund sieben auf 14 Millionen im Jahr 2008 steigen wird. Das jährliche Marktvolumen soll von 2,1 auf 4,2 Milliarden Euro wachsen.

Auf Grund des harten Preiskampfes können mittelfristig aber nur Unternehmen am Marktwachstum teilnehmen, die über eine eigene Infrastruktur verfügen. Bisher war Tiscali nur als Wiederverkäufer aufgetreten. Solche „Resale“-Anbieter, die DSL-Produkte der Deutschen Telekom weiterverkaufen, verfügen aber über zu wenig Gestaltungsspielraum bei Produkten und Preisen. „Bei Tiscali kommt noch dazu, dass sie als kleiner Resale-Anbieter bei der Deutschen Telekom kaum Rabatte für große Datenvolumina aushandeln konnte“, sagt Oppenheim-Analyst Sander.

Um das DSL-Geschäft zu stärken, will Tiscali außerdem vermehrt in Inhalte investieren. Der italienische Internet-Anbieter liefert die DSL-Anschlüsse, die der Fernsehsender RTL seit einigen Wochen vertreibt. Umgekehrt werde Tiscali voraussichtlich Inhalte von RTL und der RTL-Mutter Bertelsmann in sein Angebot integrieren. Auch mit den Axel Springer Verlag und der Pro-Sieben-Sat-1-Gruppe gebe es Gespräche, sagt Mühlner.

ZDNet.de Redaktion

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