VoIP für Privatanwender: Wann ist es endlich so weit?

ZDNet: Das führt uns zu einem Thema, das wir im letzten gemeinsamen Gespräch ausführlich erörtert haben.

Kracke: Natürlich haben die großen Provider das Recht, ihre getätigten Investitionen abzuschreiben, und in der Folge das Bundling hoch zu halten. In diesem Zusammenhang kocht auch immer wieder die Diskussion über Notrufnummern hoch, wiewohl ich mir in diesem Fall nicht sicher bin, inwieweit es sich dabei um eine Scheindiskussion handelt. Wir sind von Handys und anderen Kommunikationsmitteln umgeben, ich finde, Notrufnummern sollten nicht als Argument gegen Innovationen ins Feld geführt werden.

Zusammengefasst sehe ich, dass sich die Entwicklung wiederholt: So, wie sich die Festnetztelefonie in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts von der Geschäftswelt in die Privathaushalte ausgedehnt hat, so wird dies auch mit VoIP geschehen.

ZDNet: Von welchem Zeitrahmen sprechen wir? Im Moment obliegt die Entscheidung der Regulierungsbehörde. Sie prüft gerade, ob die Telekom gezwungen werden kann, diese beiden Dienste zu entbündeln.

» Bei VoIP gibt es zwei Schwachstellen: Zum einen das SIP (Session Initiation Protocol), zum anderen Firewalls, die für die Sicherheit der Anwender sorgen sollen. Für VoIP muss ich jedoch Ports öffnen und offeriere damit ein potentielles Sicherheitsloch. «

Kracke: Eine Prognose fällt mir schwer, weil es sich längst um keine rein deutsche Regulierungs-Entscheidung mehr handelt. Das Thema wird auf Europaebene diskutiert, was nicht unbedingt zu einer Beschleunigung des Entscheidungsprozesses führt. Die alternativen Provider fangen damit jedoch heute schon an und schaffen entsprechende Zugänge.

ZDNet: Geben Sie uns eine Zahl.

Kracke: Wenn ich sage zwei Jahre, greife ich sehr weit voraus. In der IT sind zwei Jahre fast nicht kalkulierbar. Aber ich bin mir fast sicher, dass bis in zwei, drei Jahren auch die großen Provider nachgezogen haben. Der Marktdruck wird sie dazu zwingen.

ZDNet: Zwei Jahre also, damit die entsprechenden Regularien geschaffen werden. Wie lange wird es dann zusätzlich dauern, bis alle Privatanwender mit VoIP wie selbstverständlich telefonieren werden?

Kracke: Das Thema VoIP diskutieren wir seit 1996 oder 1997. Seitdem haben sich eine Reihe von technischen Änderungen wie bessere Sprachqualität ergeben. Wichtigere Veränderungen haben in dieser Zeit aber im kulturellen Bereich stattgefunden: Heute ist VoIP sowohl bei Privatanwendern als auch bei Providern und in der Politik ein Thema. Die wichtigste Hürde scheint mir also bereits genommen. Wenn die regulatorischen Voraussetzungen geschaffen sind, wird die Adaption also voraussichtlich sehr schnell stattfinden.

ZDNet: ENUM soll in Deutschland noch in diesem Jahr seinen Wirkbetrieb aufnehmen. Liegt darin die große Chance für mehr kostenlose Telefonate?

Kracke: Bislang wurde stark auf Provider-interne Lösungen gesetzt, nun will man Netze zusammenschalten, um kostengünstig Provider-übergreifende Gespräche anzubieten. Inwieweit es das Geschäft beflügeln wird, ist aber schwer einzuschätzen. Sagen wir mal so: Der Privatanwender wird diese Funktion ganz einfach verlangen beziehungsweise voraussetzen. Das Bauchgefühl von Jörg Kracke sagt: Das ist ein ‚Muss‘ für Privatanwender und keine Frage.

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ZDNet.de Redaktion

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