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Kulturpessimismus statt Technikbegeisterung

In Deutschland grassiert die Angst vor dem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit. Politik und Wirtschaft richten daher ihr Augenmerk auf die Erhöhung der deutschen Innovationskraft. Deutschland sei gut in der Grundlagenforschung – aber die Umsetzung in vermarktungsfähige Produkte dauert zu lange. Vor allem die Massenproduktion hochtechnischer Konsumprodukte sei in Deutschland schwach ausgebildet. So wurden zwar die technischen Grundlagen für die weltweit erfolgreiche Kopiertechnik wie auch für die MP3-Technik in Deutschland geschaffen. Aber serienfähige und weltweit erfolgreiche Produkte machten daraus Japaner und Amerikaner. Das Geschäft machten Länder wie Japan, USA, China oder Indien.

Innovationsfähigkeit und Markterfolge seien vor allem eine Frage der Kultur, an der es hierzulande mangele, beklagt der Präsident des Deutschen Instituts für Normung, der Elektrounternehmer Dietmar Harting. Unternehmen und Wissenschaft versuchen das in der Initiative „Partner für Innovationen“ zu ändern. Beispielsweise mit der Broschüre „Deutsche Stars“. Es werden „Geniestreiche made in Germany“ zusammengetragen, die ein Bild deutschen Erfindungsreichtums geben sollen. Vom MP3-Format und dem Scanner bis hin zum Telefon und zur Zahnpasta oder Zündkerze reicht das Kaleidoskop deutscher Erfindungen. Von Wirtschaftsexperten wird die Initiative begrüßt.

„Wir müssen in Deutschland endlich ein entspannteres Verhältnis zu Technik, Fortschritt, Wissenschaft und Entdeckertum bekommen. Andere Nationen feiern ihre Wissenschaftler und Ingenieure, fördern Jungwissenschaftler und verzahnen Hochschulen mit Unternehmen. Unsere Stichwortgeber sind vor allen Dingen Intellektuelle, die vor dem ökonomischen Totalitarismus warnen, Schreckgespenster der Globalisierung entwerfen und sich in einem düsteren Kulturpessimismus ergehen“, kritisiert Michael Müller, Wirtschaftsenator des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft (BVMW) und Geschäftsführer der Neusser A & O-Gruppe, einem Dienstleister für Informationstechnik.

Müller verweist auf die empirische Arbeit von Max Höfer „Meinungsführer, Denker, Visionäre“, die im Eichborn-Verlag erschienen ist. „Die Rangliste von Höfer belegt klar, dass die großen Debatten in Deutschland von einer sehr kleinen Gruppe beherrscht wird, die eigentlich schon lange ihre besten Zeiten hinter sich hat. Sehr viele stammen aus dem Literaturbetrieb – die meisten von ihnen haben die siebzig schon längst überschritten. Es finden sich im vorderen Feld kaum Ökonomen, Naturforscher, Techniker oder Ingenieure“, moniert Müller. Die deutsche Medienlandschaft werde von einem technikfeindlichen Zitationskartell dominiert. „Wir benötigen keine trüben Wanderprediger, die die Wirtschaftswelt verzerrt darstellen, von der Risikogesellschaft faseln und mit apokalyptischen Prophezeiungen aufwarten. Wir unterstehen nicht dem Diktat eines neoliberalen Zeitgeistes, sondern wir leiden unter der Dominanz von rückwärtsgewandten Bedenkenträgern“, sagt Müller. Man brauche sich über Pisa und Rezession nicht zu wundern. „Unsere geistigen Leithammel sind das Problem und wir sollten aufhören, ihnen das Feld unwidersprochen zu überlassen“, fordert der Mittelständler Müller.

ZDNet.de Redaktion

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