Service-Rufnummer 0900 bringt neues Potenzial für Mehrwertdienste

Ende des Jahres werden die 0190-Service-Rufnummern in Deutschland eingestellt. An ihre Stelle treten die 0900-Nummern. Seit etwa einem Jahr können die Anbieter von Mehrwertdiensten und Netzbetreiber die Zuteilung von Nummern-Kontingenten bei der Bundesnetzagentur beantragen.

„0900 bietet eine größere Flexibilität bei der Abrechnung und ermöglicht neue Geschäftsmodelle. So sind wir beispielsweise in der Lage, die Anrufe verschiedener Teilnehmer zu derselben 0900-Nummer unterschiedlich abzurechnen, je nachdem, ob es sich um einen Gold-, Silber- oder Bronzekunden aus Sicht des Dienstleisters handelt. Denkbar sind auch Anwendungen in der Touristikbranche, bei denen eine Reservierungsgebühr gleichzeitig mit dem Telefonanruf zur 0900-Nummer abgerechnet wird“, erläuterte Christian Plätke vom Kölner Netzbetreiber Intelegence.

Auch nach Einschätzung des Düsseldorfer Abrechnungsspezialisten Acoreus bieten die Rufnummerngassen das Potenzial für einen Milliardenmarkt, die nichts mit Erotik zu tun haben. „Eine Vielzahl von Erotikdiensten wird bislang über die 0190-Gasse angeboten und hat dafür gesorgt, dass diesen Diensten teilweise ein unseriöses Image anhängt. Mit der völligen Umstellung auf die 0900er Rufnummern kann sich das ändern, denn künftig könnten die neuen Rufnummern vorwiegend für innovative Dienste stehen, etwa für den Kauf von Theaterkarten oder für Recherchedienste im Internet, die über eine Service-Hotline in Auftrag gegeben werden“, so Acoreus-Vorstandschef Omar Khorshed.

Ein großer Vorteil entstehe nach Einschätzung von Branchenexperten vor allem beim Verbraucherschutz. Bei Beschwerden über die missbräuchliche Nutzung von 0190-Diensten war es durch die wenig transparente Übertragung der Nutzungsrechte für Verbraucher sehr aufwändig, einen direkten Zusammenhang zwischen Nummer und Inhalteanbieter herzustellen. Die 0900-Datenbank wird direkt von der Bundesnetzagentur verwaltet und ist ständig auf dem aktuellsten Stand: 0900er Nummern müssen direkt vom Anbieter bei der Bundesnetzagentur beantragt werden – so ist die Datenbank der Behörde immer aktuell und kann bei Beschwerden schnell den Inhalteanbieter nennen“, so Christoph Kurpinski, Vorstandschef der Deutsche Telefon- und Marketing Services (Dtms) in Mainz.

Auch bei der Zuordnung der Dienste habe der staatliche Regulierer neue Wege beschritten: „Die fünfte Stelle der Rufnummer klassifiziert genau die Anwendung. Bei 0900-1 handelt es sich um Informationsdienste, die 0900-3 steht für Unterhaltung, 0900-5 für sonstige Dienste, wozu auch Erotikangebote zählen. Bei 0900-9 geht es um Internet-Einwahlprogramme“, erläuterte Kurpinski.

Die neue Service-Welt, die zu einem Aufschwung der Mehrwertdienste führen könne, habe allerdings noch einen Geburtsfehler, der nach Meinung von Kurpinski bis zum 1.1.2006 schnell beseitigt werden müsse: „Die Mobilfunknetzbetreiber sind gesetzlich verpflichtet, die Zuführung von Gesprächen aus ihren Netzen zu 0900-Rufnummern technisch zu ermöglichen. Aber bislang ist diese Verpflichtung nur ungenügend erfüllt worden. Das ist bei den Verkehrszahlen aus den Mobilfunknetzen und der wachsenden Bedeutung von Handys nicht nachzuvollziehen“, kritisiert der Dtms-Chef.

Auch für den Intelegence-Geschäftsführer Plätke ist die eingeschränkte Erreichbarkeit aus den Mobilfunknetzen ein Ärgernis. „Wenn sich das nicht ändert, verschenkt man ein gigantisches Marktpotenzial.“ Nach einem Spitzengespräch des Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) mit den Mobilfunkunternehmen zeichnet sich allerdings eine Lösung des Problems ab, um den Start der 0900-Dienste nicht zu gefährden.

ZDNet.de Redaktion

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