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Soziale Kältewelle überrollt SBS

Zu den Stärken von SBS gehörte bislang die breite Kundenstruktur mit der großen Zahl auch im allseits umworbenen Mittelstand. Zwar ist dort in klammen Zeiten wenig Profit zu machen, diese Kunden jedoch zu verärgern, dürfte sich jedoch rächen, sobald die Konjunktur wieder anspringt. Mit dem drastischen Abbau der Niederlassungen und der Abfertigung durch preiswerte Subunternehmer treibt man diese Kunden in die Arme der Konkurrenz.

Das bedeutet keineswegs, dass bei SBS alles in Ordnung wäre. Schon seit Jahren wird über einen möglichen Verkauf spekuliert. Auch die Betriebsräte räumen Handlungsbedarf ein, klagen aber gleichzeitig darüber, dass es schon länger keine inhaltlich-strategischen Weichenstellungen mehr gegeben habe. Sie machen daher das Management für die jetzige Situation verantwortlich. Tatsächlich bekommt das Unternehmen seine Kostenstruktur kaum in den Griff. Das liegt, wie bei allen etablierten Dienstleistern an so genannten Altlasten. Damit sind Mitarbeiter gemeint, die vor Jahrzehnten für Aufgaben eingestellt wurden, die damals als anspruchsvoll galten und entsprechend bezahlt wurden, heute aber zur Routine gehören und kein Geld mehr bringen. Der Vorwurf lautet nun, dass SBS solche Aufgaben und Mitarbeiter später als die Mitbewerber „nach außen verlagert“ hat.

Das scheinbar nicht mehr zeitgemäße Altern von Mitarbeitern im Unternehmen dürfte eine der zentralen Gründe für den Aderlass bei SBS sein. Der Beifall aus der Finanzwelt, die in den jetzigen Ankündigungen erst einen ersten Schritt zur Sanierung des Siemenskonzerns sehen, deutet darauf, dass sich Kleinfeld dem Druck der Börsenanalysten gebeugt hat. Dort herrscht die Vorstellung, dass viele kleine Konzerntöchter den Investoren insgesamt mehr Gewinn versprechen als ein großer Konzern. Nicht nur aus Gewerkschaftssicht führt diese Haltung zur unternehmerischen Fantasielosigkeit. „Probleme werden nicht gelöst, sondern abgegeben“, zitiert etwa der Nachrichtendienst dpa einen nicht namentlich genannten IG-Metallvertreter, der damit auf den Verkauf der Handy-Sparte oder auf die für Oktober angekündigte Auflösung des Logistik-Bereichs anspielt.

Aus diesem Blickwinkel ist es kein Wunder, dass die Spekulationen ins Kraut schießen, die ganze SBS-Umstrukturierung diene nur dazu, den Dienstleister für einen möglichen Käufer attraktiv zu machen. Dazu passt nicht nur der dramatische Personalabbau und die Auslagerung weniger lukrativer Tätigkeiten, sondern paradoxerweise auch die Verpflichtung der Siemens-Konzerntöchter Dienstleistungen bei SBS zu beziehen. Für ausländische Dienstleister gilt Akquisition schon lange als nahezu einzige Möglichkeit, um sich im deutschen Markt zu etablieren. Die Attraktivität eines möglichen Übernahmekandidaten, bestimmt sich jedoch in der Hauptsache aus der Zahl und Solvenz seiner Kunden.

Aber wer weiß, vielleicht gibt Kleinfeld der SBS noch einmal eine Chance, falls der IT-Dienstleister die jetzige Rosskur überstehen sollte.

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ZDNet.de Redaktion

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