Jboss: Der CEO rechtfertigt den Pakt mit dem Teufel

Jboss steht derzeit im Kreuzfeuer der Kritik: Laut Aussagen von ehemaligen Mitarbeitern hat das Unternehmen rechtliche Schritte gegen seine Partner eingeleitet, weil diese angeblich die Marke „Jboss“ und die damit Verbundene Software unerlaubt verwendet haben. Ein Schritt, der nur schwer mit der für Open-Source-Software maßgebliche GPL vereinbar ist. Kritiker befürchten, dass dies nur der erste Schritt hin in Richtung einer „Patentierung“ von Open-Source-Komponenten darstellt.

Nun haben Jboss und Microsoft Ende vergangenen Monats überraschend ihre Zusammenarbeit angekündigt. Gemeinsam wollen sie die Interoperabilität des Jboss Enterprise Middleware System (JEMS) mit den Windows-Server-Produkten verbessern. Zudem plant Jboss das Windows-Server-Betriebssystem tatkräftiger zu unterstützen. Die Kooperation beider Unternehmen umfasst technische Unterstützung sowie Anleitungen bezüglich der System-Architektur für die Funktionen Active Directory, Web Services, Management und SQL Server.

Für ein Open-Source- beziehungsweise Java-Unternehmen wie Jboss ist eine Zusammenarbeit mit Microsoft eigentlich so etwas wie ein Pakt mit dem Teufel. Wendet sich das Unternehmen nun gänztlich von seinen Open-Source-Wurzeln ab? Allerhöchste Zeit, beim CEO von Jboss, Marc Fleury, nachzufragen. Im Interview mit der ZDNet-Schwesterpublikation CNET News.com berichtet er, dass man insgesamt 18 Monate lang über die Partnerschaft verhandelt habe. Gleichzeitig stehe man aber beständig im Konkurrenzkampf um die Gunst der Softwareentwickler. Weitere Themen: Die Strategie von Microsoft, die Wettbewerbslandschaft und wie das Open-Source-Modell das Softwaregeschäft von Unternehmen wie IBM verändert.

» Java und Open-Source -zwei Minuszeichen ergeben ein Plus «
Marc Fleury

CNET: Viele waren von der Bekanntgabe einer Partnerschaft mit Microsoft überrascht. Einige dachten tatsächlich das wäre ein Scherz. Wie kam es zu dieser Partnerschaft?

Fleury: Wir standen seit etwa 18 Monaten mit Microsoft in Kontakt, um eine Möglichkeit zur Zusammenarbeit zu finden. Es dauerte einige Zeit, bis auch für Microsoft eine zufrieden stellende Lösung gefunden wurde. Wie in zahlreichen Blogs ganz richtig bemerkt, hatten wir dabei gleich mit zwei „Nachteilen“ zu kämpfen: Wir vertreiben Java und das auf Open-Source-Basis. Aber in diesem Fall können zwei Minuszeichen auch ein Plus ergeben.

Wir sind im Java-Lager tätig. Aber viele unserer Kunden verwenden auch ein Betriebssystem von Windows. Eine Umfrage unter unseren Nutzern ergab, dass 50 Prozent Windows nutzen, was bei Microsoft natürlich auf Interesse stieß.

CNET: Es kamen auch Zweifel auf, was die Bekanntgabe wirklich bedeutet. Sie haben zwar eine gemeinsame Pressemitteilung herausgegeben, aber wozu verpflichten sich beide Seiten genau? Die Pressemitteilung besagt doch nur, dass Sie gemeinsam Wege zur Zusammenarbeit ausloten wollen. Werden nun also wirklich Techniker beider Seiten zusammenarbeiten?

Fleury: Absolut. Die Pressemitteilung macht deutlich, dass wir gemeinsam nach Lösungen suchen, und es werden Techniker in diesen Prozess einbezogen. Dabei geht es vor allem um die Integration von Active Directory und Single Sign-On – das ist ein Aspekt, um den sich unser Portalteam kümmern wird. Was das Front- und Back-End der Tools betrifft, so ist SQL Server besser in Hibernate (Entwicklungssoftware für Datenbankzugriff) und Enterprise JavaBeans 3 (EJB 3) integriert.

Das sind einfache technische Einzelheiten, die wir leicht lösen können. Aber machen wir noch einmal einen Schritt zurück: Viele serverseitige Java-Innovationen von heute mit EJB 3 verwenden Java und Kommentare sowie vereinfachte Programmierung. Viele dieser Ideen findet man auch im Microsoft .Net-Framework und in der C#-Sprache. Die Technologien sind von einem syntaktischen Standpunkt aus betrachtet nicht so weit entfernt. Wir können uns vorstellen EJB in .Net zu integrieren, so dass in der Zukunft sogar Visual Studio darauf zugreifen kann.

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ZDNet.de Redaktion

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