Die sieben Leben von Cobol

Cobol galt bereits Mitte der 80er Jahre als überholt, weil Programmieren am Mainframe out war. Doch schon bald schafften PC-Entwicklungssysteme der bedrohten Sprache eine Atempause bis Ende der 80er Jahre. Damals sollten die Sprachen der 4. (4GL) und 5. Generation (objektorientierte Programmierung) 3GL-Sprachen wie Cobol ablösen. Außerdem nagte das Verdikt des unentwirrbaren Spaghetti-Codes an der Reputation der Business-Programmiersprache. Zwar machte der Standard von 1985 vielen unsauberen Praktiken ein Ende, doch viele Programme stammten aus den 50er und 60er Jahren und galten als kaum zu „Re-Engineeren“. Wieder wurde Cobol zum Auslaufmodell erklärt und verschwand aus den Schlagzeilen.

Für Furore sorgte die Sprache erst wieder mit ihrem eingebauten Millennium-Bug. Miterfinderin Grace Hopper hatte 1959 die Datumsangaben bei Jahr aus Kostengründen auf zwei Stellen begrenzt. Nun mussten zum Jahrtausendwechsel alle Cobol-Programme überarbeitet oder ausgemustert werden. Das war eine monströse Aufgabe, denn schließlich waren rund 80 Prozent aller betriebswirtschaftlichen Programme in Cobol. Doch die dadurch entstandenen Milliarden-Kosten haben Cobol mitnichten den Todesstoß versetzt. Vielmehr wurden für das Geschäft mit der Datumsumstellung überall Cobol-Veteranen reaktiviert und neue Adepten ausgebildet. Das Ergebnis: Die Umstellung gelang und die Lebensdauer der Uraltprogramme verlängerte sich um weitere Jahre, vielleicht Jahrzehnte. Nach aktuellen Schätzung ist der Prozentsatz der in Cobol laufenden Anwendungen lediglich von 80 auf 60 Prozent gesunken.

Was lässt Cobol in Zeiten von Java, Dotnet, J2EE, Model Driven Architecture (MDA), Service-orientierter Architektur und Eclipse überleben? Einiges erklärt sich aus der Konzeption: Cobol ist eines der ersten Programmiersysteme, das die Bezeichnung „Sprache“ tatsächlich verdient. Es ist so eng an das Englische angelehnt, dass selbst Anfänger aus dem Sourcecode erahnen können, was das Programm machen soll. Disziplinierte Entwickler können (selbst ohne aufwändige Dokumentation) damit weitgehend selbsterklärende und somit leicht zu wartende Programme schreiben. Hinzu kommen betriebswirtschaftliche Funktionen (zum Beispiel Record-Verarbeitung), die sich weit eleganter und performanter realisieren lassen als etwa mit C. Selbst große Datenbanken lassen sich – ohne Extra-Datenbanksystem – damit verwalten. Und tatsächlich geschieht das auch heute noch.

Hier greift der zweite Grund für das lange Leben von Cobol. Was einst für die Bundesbahn galt, gilt heute noch für die Cobol-Programme: Sie laufen, laufen und laufen. Die Daten sind in ERP-Systeme wie R/3 einbindbar und manchmal, so kolportiert Micro-Focus-Manager Joachim Blome sind diese ERP-Systeme wie etwa Peoplesoft oder die weit verbreitete Personalsoftware Paisy sogar selbst Cobol-Programme. Transaktionssysteme wie IBMs CICS/IMS oder Tuxedo von BEA werden ebenso unterstützt wie Java.

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ZDNet.de Redaktion

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