Heuschrecken oder Innovatoren?

Was also beabsichtigen die neuen Eigner mit Collax? Die offizielle Version lautet, dass die Pyramid-Eigner nach einer Möglichkeit gesucht haben, das erfolgreiche Server-Paket international zu vermarkten. Die größten Marktchancen sieht das eng mit den Venture-Kapitalisten verzahnte Collax-Management in den USA. Einiges deutet darauf hin, dass diese Chance ernsthaft ergriffen werden soll. So wurde die Software von der Freiburger Hardware entkoppelt. Der Firmensitz befindet sich in Boston, damit man Collax dort als heimische Software vermarkten kann. Allerdings hat Collax in den USA bislang nicht einmal ein eigenes Büro, so wie das Engagement dort generell noch in weiter Ferne liegt.

Vorerst muss Collax sein Geschäftsmodell in Deutschland auf sichere Füße stellen. Die Server-Software eignet sich vor allem für kleine Unternehmen, denen Know-how und Geld fehlt, mehrere Server für Security, E-Mail sowie für Datei- und Druckdienste zu betreiben. Solche Firmen kaufen traditionell beim Branchendienstleister um die Ecke. Entsprechend wird der Fachhandel umworben, und mit Actebis Peacock konnte man auch schon einen namhaften Distributor gewinnen. Doch damit ist es nicht getan. Collax ist mit einem Eckpreis von 570 Euro für zehn Arbeitsplätze in einem Bereich angesiedelt, bei dem ein Return-on-Investment nur durch einen florierenden Massenmarkt möglich wird.

Im Produktgeschäft mögen niedrige Margen bei einem gesunden Wachstum in Ordnung sein, Venture-Capitalisten rechnen allerdings anders. Wer bei ihnen Geld anlegt, erwartet Renditen um 20 Prozent jährlich, die VCs selbst müssen mit ihren guten Firmen jedoch deutlich mehr verdienen, um die Verluste mit den „faulen“ Investitionen zu kompensieren. Zwar sind inzwischen die Zeiten vorbei, in denen ein Fünftel erfolgreicher Firmen die Verluste der restlichen vier Fünftel wettmachen musste. Hier zu Lande arbeiten VCs heute mit der vorsichtigeren Daumenregel, dass von fünf Investitionen eine boomt, zwei sich tragen und zwei Verluste schreiben. Für Collax dürfte das bedeuten, dass nur eine regelmäßige Verdoppelung von Umsatz und Gewinn die Anleger bei Laune hält.

Mittelfristig lassen sich die Value-Added-Reseller damit locken, dass sie Collax um lukrative, zumeist proprietäre Branchenlösungen erweitern können. Derartiges Partner-Engagement würde den Erfolg der Software nachhaltig machen. Doch auch das ist Zukunftsmusik. Nach der Planung des Collax-Managements soll die Branchenorientierung erst nach der Eroberung des US-Markts kommen. Diesen wiederum braucht man um den Massenmarkt zu bekommen, der das Geschäft erst lukrativ macht. Nur: In den USA ist die Akzeptanz für Open-Source-Lösungen – außer bei Investoren – weit geringer als in Europa und insbesondere Deutschland. Und auch die 7000 Installationen dürften jenseits des großen Teiches keinen Eindruck machen. „In solchen Fällen können wir helfen“, so Alexander Brühl, Senior Partner von Atlas Venture, einem der beiden VCs, die in Collax investiert haben. VCs versorgen unterkapitalisierte Startups nicht nur mit Geld, sondern auch mit globalen Verbindungen.

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ZDNet.de Redaktion

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