Wikipedia-Rufmord entpuppt sich als schlechter Witz

Der Wikipedia-Rufmord an dem angesehenen US-Journalisten John Seigenthaler, der die Online-Enzyklopädie zum Ändern ihrer Benutzerregeln gezwungen hat, ist aufgeklärt. Wie die „New York Times“ berichtet, wurde der Mann ausgeforscht, der den Wikipedia-Eintrag des Journalisten mit gezielten Falschinformationen gefüttert hatte.

Unter anderem hatte er Seigenthaler mit den Morden an Robert und John F. Kennedy in Verbindung gebracht und dessen Lebensbiographie gefälscht. Der Skandal flog auf, als Seigenthaler seinen eigenen Eintrag in Wikipedia fand und es auch nach wochenlangen Bemühungen nicht möglich war, den anonymen Verfasser auszuforschen.

Nachdem die öffentliche Berichterstattung in den letzen Wochen unter anderem mit öffentlichen Auftritten von Seigenthaler und Wikipedia-Gründer James Wales zusätzlich angeheizt worden war und ein erklärter Wikipedia-Gegner die IP-Adresse des Posters in seine Firma zurückverfolgt hatte, blieb dem 38-jährigen Brian Chase nichts anderes übrig, als seine Identität zu lüften.

In einem persönlichen Brief entschuldigte er sich bei Seigenthaler und gab an, dass alles nur ein Witz gewesen sei. Den Beitrag habe er verfasst, um einen Arbeitskollegen zu schockieren, dem die angesehene Journalistenfamilie gut bekannt ist, so Chase. Ihm sei außerdem die Tatsache nicht bewusst gewesen, dass die kostenlose Internet-Enzyklopädie eine derartige Verbreitung finde oder gar als seriöses Nachschlagewerk verwendet werde.

Seigenthaler nahm die Entschuldigung an und sagte gegenüber amerikanischen Medien, dass er keine juristischen Schritte gegen Chase einleiten wolle. Als langjähriger Verfechter der Rede- und Meinungsfreiheit habe er sich in den letzten Wochen in der seltsamen Position wiedergefunden, jemanden zu verfolgen, der dieses Recht in Anspruch genommen habe. „Ich glaube immer noch an das Recht der freien Rede. Gleichzeitig müssen Leute aber auch Verantwortung für ihre Äußerungen übernehmen“, so Seigenthaler. Um seinem Unternehmen nicht zu schaden, hat Chase jetzt seine Kündigung eingereicht.

ZDNet.de Redaktion

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