ZDNet: Wohin entwickelt sich ERP-Software?
Gümbel: Heutige Systeme sind viel zu komplex und zu teuer, und die marktdominierenden Angebote sind veraltet. Systeme mit besserer Architektur von Außenseitern sind interessant, aber die Anbieter sind eher von regionaler Bedeutung und nicht in der Lage, in absehbarer Zeit in die Liga der Großen aufzusteigen. Es fehlt also an modernen Alternativen von Weltklasse-Anbietern. Schade ist, dass die meisten ERP-Kunden wenig bereit sind, Risiken einzugehen und dadurch Neulingen die Entwicklung zum Erstligisten erschweren. Hierdurch wird der technisch mögliche Fortschritt gebremst.
Auch 2006 werden die Kunden noch viele Powerpoint-Visionen über sich ergehen lassen müssen, die ihnen wenig konkrete Hilfe bei der Planung und im täglichen Umgang mit der Software geben. Die Preismodelle von Oracle und SAP machen das Budgetieren überdies schwer und führen zu Investitionsblockaden. Die Versuche, gediegene ROI-Betrachtungen als Basis rationaler Entscheidungen zu nehmen, bleiben weiterhin unbefriedigend. Die Hersteller geizen mit echten Anhaltspunkten und sind dafür umso großzügiger mit pauschalen Marketing-Aussagen.
Das Thema SOA erreicht natürlich auch die ERP-Landschaft und stellt die Kunden vor Herausforderungen. Welcher Technologiebaukasten soll gewählt werden, kann man mit einer Architektur auskommen, wie geht man mit proprietären Elementen um, die marktmächtige Anbieter unter Standards „verstecken“, um ihre Software optimal zu unterstützen und den Kunden zu kontrollieren?
ZDNet: Welchen Stellenwert erfährt die Serviceorientierung (SOA) von Software?
Gümbel: Der Stellenwert steigt, aber eine durchgängige SOA-Implementierung wird nicht nur 2006 eine Illusion bleiben. Den Kunden ist SOA in der Hauptsache als möglicherweise kostensenkendes Integrationsvehikel bekannt und nicht als Grundlage kollaborativer Geschäftsszenarien. SOA wird sich hier nur dann durchsetzen, wenn die Anwender zu einer besseren Geschäftsprozessgestaltung finden. Ohne sie bleibt SOA nur ein Enterprise Application Integration (EAI) in neuer Packung. Es fehlen auch entsprechende Angebote der On-Demand-Anbieter, die bisher noch nicht begriffen haben, wo hier das Potenzial liegt. SOA wird stark von den Anwendungen, die käuflich zu erwerben sind, bestimmt. Nicht alle Marktteilnehmer haben das erkannt und entsprechende ISV-Programme aufgesetzt. BEA und SAP sind hier sehr aktiv, während IBM noch deutliche Reserven hat.
ZDNet: Wo sehen Sie den größten Handlungsbedarf und Verbesserungspotenzial bei Unternehmen?
Gümbel: Die Unternehmen müssen sich wieder mehr mit IT-Architekturen befassen, auch, wenn in großem Umfang outgessourct wurde. Oft geht die Betreuung von Offshore-Projekten von unrealistischen Annahmen aus. Zudem betreiben Unternehmen zuviel Single-Sourcing – also sie kaufen alles bei einem Hersteller. Das reduziert die Marktfunktionen und führt zu ungesunder Kräfteverteilung. Zu häufig wird auch immer noch an alten Lösungen herumoptimiert, anstatt sie generell neu zu überdenken. Aber dazu bräuchte man wieder die IT-Architekten, die man bereits vor Jahren eingespart hat.
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