Bei der Wirtschaft herrscht eine gewisse Staatsverdrossenheit. So könnte man die Ergebnisse einer aktuellen Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) zusammenfassen. Ganz oben auf der Mängelliste der Unternehmen steht die mangelnde Zahlungsmoral der öffentlichen Hand. Unzufriedenheit herrscht auch über zu lange Gerichtsverfahren sowie mangelhafte Vollstreckung von Forderungen an Schuldner.
Der DIHK schlägt deshalb eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens in Deutschland vor. Ein Dauerbrenner ist die unternehmerische Klage über zu viel Bürokratie und zu hohe Bürokratiekosten. Hier verspricht die neue Bundesregierung Abhilfe in Form eines „Bürokratie-TÜVs“. Ein beim Bundeskanzleramt angesiedelter Normenkontrollrat soll die bürokratischen Kosten von Gesetzen abschließen.
Außerdem kritisiert die Wirtschaft, dass der Staat nicht genug dafür tue, um den Umgang mit den Behörden ins Internet zu verlagern. Vier Fünftel der Befragten nutzen bereits E-Government-Anwendungen und wünschen sich weitere Möglichkeiten, ohne Formulare und Wartezeiten Amtspflichten zu erledigen, schreibt das „Handelsblatt“.
Bisher verfüge jedoch nur ein Fünftel der Unternehmen über die digitale Signatur, ohne die der Zugriff auf die offiziellen Online-Angebote nicht möglich sei. Doch auch hier bemängelt der DIHK ein Übermaß an Bürokratie. Die in Deutschland gestellten hohen Anforderungen an die digitale Signatur behindere deren Verbreitung.
Dabei ist das Auslagern von Aufgaben, auch Outsourcing genannt, für den staatlichen Sektor längst kein Tabu mehr. „Gespart wird aber nur, wenn man es richtig macht. Oft scheitern die Versuche von Ministerien und Behörden, ihre Verwaltungen elektronisch aufzumöbeln“, sagte Helmut Reisinger, Geschäftsführer des Stuttgarter IT-Dienstleisters Nextiraone. „Die Behörden sollten sich gegen externen Sachverstand nicht sperren. Angesichts knapper öffentlicher Kassen sind innovative Finanzierungskonzepte und absolute Transparenz auf Seiten der öffentlichen Hand und der Wirtschaft zwingend notwendig. Beide Partner sollten die Karten offen auf den Tisch legen, damit die Zusammenarbeit funktionieren kann.“
Nach einer Studie der Boston Consulting Group (BCG), der Deutschen Telekom und Siemens hat Deutschland vor allem beim Einsatz von E-Government und E-Health erheblichen Nachholbedarf. Sowohl die ITK-Ausgaben der öffentlichen Hand (0,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts) als auch das Angebot an Online-Verwaltungsdienstleistungen sind hierzulande deutlich geringer entwickelt als in Vergleichsländern. Allein im öffentlichen Dienst birgt nach Meinung der Autoren ein verstärkter ITK-Einsatz durch verbesserte Abläufe und Organisationsformen Einsparpotenziale von 27 Milliarden Euro jährlich. Bürger und Unternehmen könnten darüber hinaus durch eine effizientere Interaktion mit öffent-lichen Stellen um rund 10 Milliarden Euro pro Jahr entlastet werden.
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