Trotz der Aufmerksamkeit, die dem Thema „Web 2.0 und Unternehmen“ in letzter Zeit geschenkt wurde, kam dabei doch ein Aspekt etwas zu kurz, nämlich die Frage, wie Web 2.0 attraktive Alternativen zur üblichen Erstellung von Software bieten kann. Einer der jüngsten Beiträge zu diesem Thema stammt von Stephen Bryant: Five Reasons Why Web 2.0 and Enterprises Don’t Mix. Bryants Argumente treffen durchaus zu und weisen zu Recht auf die Hindernisse hin, welchen sich größere Unternehmen gegenüber sehen, wenn sie die hinter Web 2.0 stehenden Ideen für eigene Zwecke nutzen wollen.
Bezeichnenderweise nennt Bryant als eines der fünf Argumente angeborenes Misstrauen gegenüber „Innovation von unten“. Dies ist wahrscheinlich genau der Punkt, wo viele Unternehmen bei Web 2.0 und anderen dezentralisierten Ansätzen wie Blogs, Wikis und sogar Mashups nicht mehr mitmachen.
Dies ist leider das klassische Aufeinanderprallen zweier unterschiedlicher Kulturen, wie es bei nachfrageorientierten Systemen wie Web 2.0 üblicherweise auftritt, wenn sie auf angebotsbasierte Systeme wie Unternehmenssoftwareentwicklung treffen. Interessanterweise prognostiziert eine aktuelle Studie von McKinsey, dass in Zukunft die meisten Innovationen von solchen nachfrageorientierten Systemen stammen werden und dass „Unternehmensverantwortliche fast alle Aspekte des Unternehmens in dem Maße neu beurteilen werden müssen, indem nachfragebasierte Systeme immer mehr an Boden gewinnen“.
Die in Blogs viel diskutierte TiE-Veranstaltung zum Thema Web 2.0 im Unternehmen griff eine Reihe dieser Punkte auf. Eine der wichtigsten Beobachtungen ist, dass die Web 2.0 zugrunde liegenden Ideen zu einer fundamentaleren Änderung von Geschäftsmodellen führen können als technologische Neuerungen. Und Unternehmen werden lernen müssen, einen Teil der Kontrolle aus der Hand zu geben, um Zugriff auf Mehrwert zu erhalten. Dies ist genau die Bruchkante, welche die größeren Differenzen zwischen der sich schnell ändernden, flinken Welt von Web 2.0 und den aufgeblasenen und häufig schwerfälligen Prozessen in Unternehmen markiert.
Die beliebten Prozesse der Agilen Softwareentwicklung wie SCRUM oder Lean Software Development haben bereits den Versuch unternommen, die aufgeblähten Strukturen der traditionellen Softwareentwicklung mit ihrer exzessiven zentralen Kontrolle und ihren informellen Einbahnstraßen aufzubrechen. Die alten Verfahren, die diese Methoden zu verbessern suchen, sind häufig von bürokratischen Prozessen umgeben, welche die produktiven Kanäle vieler Unternehmen geradezu verstopfen. So jedenfalls die Theorie der Agilen Softwareentwicklung, die behauptet, Feedbackschleifen und Bewährung in der Praxis seien notwendig, um Software zu entwickeln, die den Anforderungen auch gerecht wird.
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