Tatsächlich verwenden die deutschen Anwender ILM hauptsächlich zum Wegspeichern ihrer am Arbeitsplatz und auf dem Mail-Server kaum mehr einzudämmenden Datenflut. Diese Aufgabe rangiert bei den von der Experton-Group befragten deutschen Unternehmen mit 10,5 Prozent auf Rang zwei der To-Do-Liste. Aber auch die Nummer eins (Business Continuity/Datensicherheit mit 12,3 Prozent) und die Nummer drei (Befolgung gesetzlicher Vorgaben mit 9,3 Prozent) fallen in die Kategorie Wegspeichern. Die Anwender zumindest bewältigen diese Aufgaben vor allem, in dem sie die Daten zur Archivierung auf Bänder speichern und sie an einem sicheren Ort aufbewahren.
Was sie zur Freude der Speichersystem-Anbieter kaum tun, ist, was Analyst Funk für das Zentrum von ILM hält: Klassifizieren, sprich auszuwählen, was sich aufzuheben lohnt. Tatsächlich ist das Erstellen von Rangordnungen unter Informationen ein aufwändiges Unterfangen mit ungewissem Ausgang, zumal es von den ILM-, besser Speicherlieferanten nur rudimentär unterstützt wird. Schließlich verdienen sie an diesem Mangel nicht schlecht, wenn vorsichtshalber fast alles gesichert und archiviert wird. Anstatt Klassifizierung anzumahnen, werden die Kunden daher mit Visionen von ILM-Automatisierungs-Werkzeugen bei der Stange gehalten. Die Experton-Group hat Recht, wenn sie darauf verweist, dass vor der Automation von Prozessen, deren Definition zu stehen hat, sprich: die Klassifizierung von Daten nach Zugriffs- und Aufbewahrungsbedarf. ILM ist dasselbe wie ECM
Anwender, die sich der Klassifzierungs-Notwendigkeit stellen wollen, werden jedoch auf das Kürzel einer anderen IT-Subbranche verwiesen: ECM für Enterprise Content Management. Unter diesem nebulösen Schlagwort verstehen Anbieter wie IBM, EMC/Documentum, Filenet, Open Text und andere werkzeuggestützte Prozesse zum Klassifizieren, Nutzen und Verwalten von strukturierten und unstrukturierten Daten bis hin zur Archivierung, sprich: für den Zyklus der Daten im Unternehmen. So kommt John Stackelton, President und CEO von Open Text zu dem nicht ganz uneigennützigen Schluss: „Inhaltlich meint der Begriff ILM dasselbe wie ECM“.
Experton-Analyst Funk denkt in die gleiche Richtung, wenn er fordert, dass sich die Storage-Anbieter bei ILM mehr vom reinen Produktdenken lösen sollen. Allerdings spricht er vorsichtig von einem Brückenschlag zwischen ILM und ECM. Doch wie soll eine solche Verbindung aussehen? Die Übernahme von Documentum durch EMC gilt vielen lediglich als ein weiteres Beispiel dafür, wie schwer sich Hardware-Verkäufer mit Software- und Prozesskonzepten tun.
Unglücklicherweise sind umgekehrt – außer dem Universalisten IBM – die wenigsten ECM-Anbieter dazu in der Lage, einen potenten ILM-Anbieter zu kaufen. Bliebe also der Weg einer für alle Seiten gedeihlichen Partnerschaft, wie es sie auch längst gibt.
Manche Speicheranbieter tun sich aber offensichtlich schwer mit der bescheidenen Rolle als Kistenlieferant für vergleichsweise unbedeutende Firmen wie Open Text oder Filenet. Mit dem hartnäckigen Propagieren von ILM, versuchen sie einen Markt zu kontrollieren, den andere deutlich besser verstehen.
Friedlicher und lukrativer wäre es, auf solche Machtallüren zu verzichten und eines der beiden überspannten Kürzel ersatzlos zu streichen. Keiner wird es vermissen, und Anwender, die nicht zwischen den angeblichen Vorteilen von ILM gegenüber ECM und umgekehrt schwanken, entscheiden sich viel rascher zum Kauf.
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