ZDNet: Frau Chen, bereitet Ihnen die Sicherheitsinitiative von Microsoft Kopfzerbrechen, möglichst viele neue Features in Windows Vista zu integrieren?
Chen: Microsofts Sicherheitsinitiative tangiert das Business von Trend Micro nicht nachhaltig. Es gibt da eine japanische Anekdote: Wenn der Fisch in einem geschlossenen Glas von Japan ins Ausland verschifft wird, dann stirbt er an Langeweile. Wenn man aber eine Krabbe in den Fischteich setzt, wird sie den Fisch attackieren und das Überlebenstraining beginnt. Microsoft zwingt uns also dazu, noch besser und schneller zu sein. Wenn wir nicht besser als Microsoft performen, wären wir zum Sterben verurteilt. Aber ich sehe nicht die Gefahr, dass das ganze Security-Business allein in den Händen von Microsoft liegen kann.
ZDNet: Zusammen mit Windows Vista will der Konzern Ende des Jahres eine neue Technologie für das Identity-Management vorstellen. Mit so genannten „Infocards“ möchte Microsoft das zunehmende Problem des Identitätsdiebstahls in den Griff bekommen. Welche Auswirkungen sieht Trend Micro auf die Security-Industrie beziehungsweise das eigene Unternehmen?
Chen: Zwar kann Microsoft hier gute Schutzkonzepte in seine Software integrieren, wie aber überprüfe ich tatsächlich, ob eine E-Mail von einem Spammer stammt, ohne deren vertrauenswürdige Quelle prüfen zu können? Dem Enduser wird hier allzu vorschnell eine umfassende Sicherheit suggeriert. Nur wer den Content und das ganze Netzwerk kontrolliert und überblickt, kommt zu wirklich nachhaltigen Lösungen und Konzepten.
ZDNet: Wenn aus Redmond keine Gefahr droht, wie entwickelt sich die Security-Branche weiter, wird es weitere Fusionen und Übernahmen wie die von Veritas durch Symantec geben?
Chen: Ein kleiner Teil des Security-Business wird in das Softwareportfolio von Standardlösungen integriert werden. Aber der durchschnittliche User weiß doch gar nicht, wo genau die Gefahren liegen. Es wäre eine Illusion zu glauben, Microsoft könnte alle Probleme durch Vista mit einem Schlag lösen. Es braucht profundes Know-how mit Blick auf die Netzwerkstruktur und das Content Filtering.
ZDNet: Sie bezeichnen sich selbst als Pionier und sagen, dass Sie als erstes Unternehmen den Antiviren-Schutz vom Desktop auf das Gateway und den Server portiert haben. Und dennoch sind Sie die Nummer Drei in der Security-Welt. Warum liegt Trend Micro heute an dritter Stelle, wo Sie doch einen grandiosen Vorsprung im Sicherheitsmarkt hatten?
Chen: Trend Micro hat sich verstärkt auf den Bereich Gateway- und Server-basierte Sicherheitslösungen konzentriert. In dieser Zeit gelang es einigen unserer Mitwettbewerber, Vorteile im Consumer-Segment zu erzielen. Nun gilt im Geschäftsleben aber das Prinzip, dass letztlich jeder auch Endanwender, sprich Consumer ist. Damit lässt sich erklären, wie sich die damalige Zielsetzung heute in der Marktposition niederschlägt. Dennoch sind wir nach wie vor von einem klaren Forscherdrang beseelt. Wir werden auch weiterhin Produkte für die verschiedenen Kundensegmente entwickeln und unseren Marktanteil dort erhöhen.
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