Die Frage, warum ein elektronischer Pass in Deutschland überhaupt eingeführt wird, taucht in der öffentlichen Diskussion kaum auf – sie ist aber berechtigt. Deutsche Pässe galten schon in ihrer Fassung ohne Chip als die fälschungssichersten der Welt, das weiß auch das BMI. Die Behörden setzen vielmehr darauf, mit der für alle Schengen-Staaten verbindlichen Verordnung das „Sicherheitsgefälle bei europäischen Passdokumenten“ abzubauen und damit deutsche Bundesbürger vor der „kriminellen Verwendung gefälschter Pässe andere EU-Mitgliedstaaten im Bundesgebiet“ zu schützen. Es gibt aber auch wirtschaftliche Gründe, die das BMI auf Anfrage auch nennte: „Die Effekte der E-Pass-Einführung auf die IT-Sicherheitsindustrie werden als positive Nebenwirkung für den Standort Deutschland beschrieben“ und Studien gehen von Umsatzsteigerungen für die Biometrie-Branche aus. Nach 21 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2005 werden 37 Millionen Euro für 2006 und 144 Millionen Euro für 2007 erwartet. Der Branchenverband BITKOM schreibt dem elektronischen Reisepass in diesem Prozess die Rolle des „Markttreibers“ zu, weil der E-Pass als erstes großes Referenzprojekt wirke. Diese Entwicklung wird vom Bundesministerium des Innern „begrüßt und im Rahmen der Möglichkeiten gefördert.“

Ob sicher oder nicht, ob Arbeitsplatzerhalt oder Innovationsführerschaft – die Schweiz macht vor, wie eine vorsichtige Demokratie sich verhalten sollte, wenn es um Datenschutz geht: Die Schweizer haben den biometrischen Pass eingeführt, doch die Bürger haben zumindest während des Pilotprojektes „Pass 06“ fünf Jahre lang die Wahl, ob sie einen Pass mit biometrischen Merkmalen haben möchten oder nicht. Der Schweizer Bundesrat will damit „Fehlinvestitionen vermeiden“, da es sich um eine Technologie handele, die noch in der Entwicklung sei. Die Schweizer Bürger können also selbst entscheiden, ob sie unbedingt in die USA reisen müssen oder ihnen der Rest der Welt völlig ausreicht.

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ZDNet.de Redaktion

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