Linux-Projekte in München und Wien: Der Stand der Dinge

Im Übrigen verfahre die Stadt München in ihrem Linux-Projekt kaum anders als die Stadt Wien, wie Hofmann im Austausch mit den dortigen Projektverantwortlichen weiß. Diese setzte mit dem Projekt Wienux ebenfalls auf Debian und konfiguriere das System nach ihren Maßstäben.

Der IT-Architekt der Stadt Wien Peter Pfläging erläutert, sein Team habe die stabile „Sarge“-Version als Grundlage benutzt, um sie an die spezifischen Bedürfnisse des Magistrats anzupassen. Tatsächlich bestand auch hier das Customizing im Wesentlichen darin, Überflüssiges zu entfernen, Schnittstellen, etwa eine Oberfläche für SAP-Anwendungen, dazuzubauen.

Die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2004 kam zu dem Ergebnis, dass die rund 20.000 Arbeitsplatzsysteme mit Linux bestückt werden könnten. An Lizenzkosten gegenüber vergleichbaren Windows-PCs würde das pro Rechner rund 93 Euro jährlich einsparen. Trotzdem entschieden die Verantwortlichen, es den 150 Abteilungen der Stadt zu überlassen, welches Arbeitsplatzsystem sie nutzen wollten. So kommt es, dass heute nur rund 250 bis 280 Desktops unter Linux laufen. Allerdings, so Stabsstellenleiter Pfläging, steige die Zahl bis zum Jahresende auf 1000. Denn auch die Kindergärten der Stadt steigen auf das Debian-System um. Zudem sei mit weiteren Wienux-Anwendern zu rechnen, da ein Umdenken eingesetzt habe: Während früher Anwendungen nur unter dem Aspekt eines einzigen Betriebssystems begutachtet wurde, achte die Stadt jetzt bei der Software-Auswahl immer auch darauf, ob sich das Programm auch für Linux-Systeme eigne.

Auch Pfläging spricht nicht von einer eigenen Distribution, obwohl die Stadt jedem, der Interesse hat, ein Wienux zur Verfügung stellt. Für den Lisog-Techniker Gulden liegen München und Wien mit der Bündelung von Betriebssystem-Ressourcen jedoch an der Grenze zu einer eigenen Distribution. Dafür spreche, dass die Städte einzigartige Pakete packen, die sie zudem ausgiebig testen. Das schaffe einen Mehrwert. Andererseits gehöre es für alle Anwender in jedem Fall dazu, das Zusammenspiel von Programmen, Schnittstellen und Basisdiensten im Dienste der Qualitätssicherung zu testen. Außerdem griffen Behördenanwender nur in seltenen Fällen in den Linux-Quellcode ein oder böten Support außerhalb der eigenen Infrastruktur an.

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ZDNet.de Redaktion

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